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Lilien
Darmstädter Relativitätstheorie
- vonJakob Böllhoffschließen
Gegen Aue zählen die Lilien wieder auf ihr ureigenen Grundtugenden, plagen sich aber mit personellen Sorgen herum.
Markus Anfang, 46, hat schon ein bisschen was mitgemacht in seiner noch nicht sehr langen Fußballtrainerkarriere. Mit den kleinen Kielern wäre er beinahe in die Bundesliga aufgestiegen. Mit den großen Kölnern ist er de facto in die Bundesliga aufgestiegen, aber dann ist den Kölnern eingefallen, dass sie diesen Anfang irgendwie doch zu unbequem finden, und zeigten ihm, wie man im Geißbockheim wieder nach draußen kommt.
Spätestens seitdem weiß Anfang, inzwischen Trainer beim Zweitligisten SV Darmstadt 98: Egal wie ausgetüftelt ein Plan ist, er wird nur funktionieren, wenn alle Beteiligten voll dahinterstehen – was letztlich auch jede taktische Überlegung wieder relativiert. „Am Ende des Tages entscheidet, wie du es auf dem Platz lebst“, sagt Anfang: „Das hat ganz viel mit Mentalität, Leidenschaft und Widerstandsfähigkeit zu tun. Damit wirst du Spiele gewinnen.“
Beim 3:2-Sieg vor einer Woche beim SC Paderborn hatte Anfang die Darmstädter Profis verkehrtherum ins Spiel geschickt. Erstmals unter Anfang lag in dieser Saison der Lilien-Fokus primär auf der zuletzt zu fehlerhaften Abwehrarbeit. „Wir haben das fußballerische Risiko eingedämmt, ohne es aber zu vergessen“, erklärte der Trainer vor dem Heimspiel am Samstag gegen Erzgebirge Aue (13 Uhr). Ein zweiter Sechser wurde installiert, Spielmacher Tobias Kempe fand sich deshalb auf der Ersatzbank wieder. Ein nachvollziehbarer Schachzug. Der doch nichts daran änderte, dass die Lilien nach einer Stunde und zwei unglücklichen Abwehraktionen auch in Paderborn wieder mit 1:2 zurücklag. Erst danach, angetrieben vom Mut der Verzweiflung, drehten sie auf und mit ganz viel Leidenschaft verdientermaßen das Spiel.
Diese Art der Widerstandsfähigkeit unabhängig aller taktischer Vorgaben und Risikoabwägungen werden die Darmstädter auch gegen die kampfstarken Auer zeigen müssen. Denn: „Die Situation hat sich nicht geändert: Wir müssen punkten“, weiß Anfang: „Nur weil wir einmal gewonnen haben, glauben wir nicht, dass es ein Selbstläufer wird. Wir müssen uns da hart herausarbeiten.“ Raus aus dem Gravitationsfeld der Abstiegsplätze.
Gegen die Sachsen, die unter Ex-Lilien-Coach Dirk Schuster eine stabile Saison spielen und derzeit mit 33 Zählern auf Rang neun rangieren (vier Plätze und fünf Punkte vor dem SV 98), plagen Anfang allerdings weiter personelle Sorgen. Kapitän Fabian Holland wird gelbgesperrt fehlen. Tim Skarke, Nicolai Rapp und Marvin Mehlem sind angeschlagen. Tobias Kempe musste unter der Woche mit Magen-Darm-Problemen aussetzen. Und Innenverteidiger Lars Lukas Mai fehlt mit Oberschenkelproblemen. Die Widerstände gehen Markus Anfang erst einmal nicht aus.