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"Wir schlachten deine Tochter"

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Von: Kathrin Rosendorff

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Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz.
Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz. © Boris Roessler (dpa)

Ein Drohbrief gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz führt wohl zu einer rechtsextremen Polizei-Chatgruppe.

Der Skandal um fünf Frankfurter Polizeibeamte, die sich in einer Chatgruppe rechtsextrem geäußert haben sollen, zieht weitere Kreise. Die Whatsapp-Gruppe sei überhaupt nur entdeckt worden, weil es bei der Polizei interne Ermittlungen wegen eines Drohfaxes an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz gegeben hatte. Das berichtete die Frankfurter Neue Presse (FNP).

Anfeindungen von Rechten gehören schon fast zum Arbeitsalltag von Seda Basay-Yildiz. Die Rechtsanwältin vertrat im Münchner Prozess gegen die rechtsextremen Terroristen vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) die Familie des ersten NSU-Mordopfers Enver Simsek in der Nebenklage.

„Ich bin kein ängstlicher Typ und ich musste noch nie eine Anzeige erstatten. Bis das Leben meiner zweijährigen Tochter bedroht wurde“, sagt sie am Sonntag gegenüber der FR. Am 2. August erhielt sie ein Fax, das, wie sie bestätigt, mit „Miese Türkensau!“ beginnt und weiter mit „du machst Deutschland nicht fertig (…)“ geht. Und dann fällt im Schreiben der Satz: „Als Vergeltung (…) schlachten wir deine Tochter (...).“ Mit „NSU 2.0“ sei das Fax unterzeichnet, sagt Basay-Yildiz. „Im Schreiben standen der Name meiner Tochter und unsere Privatadresse. Daten, die nicht im Telefonbuch stehen und auch sonst nicht öffentlich sind. Also niemand Normales kann Zugang dazu haben“, sagt sie.

Basay-Yildiz schaltete die Polizei ein. Der Staatsschutz übernahm den Fall. Seitdem habe sie nichts mehr gehört. Es gäbe nichts Neues, hätten sie sie vertröstet. „Ich bin einfach sehr verärgert über die Polizei, weil ich keinerlei Informationen bekommen habe. Auch nicht darüber, ob ich weiter eine besondere Vorsorge, was meine Tochter betrifft, treffen muss.“

Erst durch die Presseanfrage habe sie vor wenigen Tagen erfahren, dass die Polizei bei ihren Ermittlungen wohl bereits schon viel weiter gewesen sei. So führte laut FNP eine Spur zu einem Computer im ersten Polizeirevier der Innenstadtwache. Dort seien die Melderegistereinträge zu Basay-Yildiz abgefragt worden. Und das offenbar ohne dienstlichen Grund.

Handys  beschlagnahmt

Die Polizisten, die zum fraglichen Zeitpunkt Zugriff auf den Rechner hatten, gerieten daraufhin ins Visier des ermittelnden Staatsschutzes. Festplatten, Handys seien beschlagnahmt worden. Außerdem habe es Hausdurchsuchungen gegeben. Die Staatsschützer seien dann per Zufall auf die Whatsapp-Gruppe gestoßen, über die die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Montag berichtet hatte.

Die Verdächtigen tauschten offenbar wochenlang rassistische Nachrichten aus. Außerdem schickten sie sich Hitler-Bilder und Hakenkreuze zu. Gegen die vier Polizisten und ihre Kollegin läuft ein Ermittlungsverfahren. Sie sind suspendiert oder beurlaubt worden. Der Anfangsverdacht lautet Volksverhetzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Symbole.

Ob nun auch wegen des Drohschreibens gegen die fünf Polizisten ermittelt wird, war bis Sonntagabend unklar. Die Polizeisprecherin verwies auf FR-Anfrage auf die Staatsanwaltschaft. „Sie ist jetzt Herrin des Verfahrens.“ Die Staatsanwaltschaft war am Wochenende aber nicht zu erreichen. Polizeipräsident Gerhard Bereswill hatte der FNP zuvor gesagt, dass er sich zu laufenden Ermittlungen nicht äußern möchte.  „Unfassbar, was nun ans Tageslicht kommt“, sagt Janine Wissler, die Linken-Vorsitzende im Landtag. Sie habe bereits als die Ermittlungen gegen die fünf Polizisten bekannt wurden, für Mittwoch eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt. Die sei jetzt noch dringlicher. Innenminister Peter Beuth (CDU) müsse erklären, wann er über die Vorgänge informiert worden und ob und wie lange das rechte Netzwerk in der Frankfurter Polizei aktiv gewesen sei.

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