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Wiesbadener „Rhinos“ im Überlebenskampf

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Von: Jürgen Streicher

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Hier geht´s zur Sache. © Steffie Wunderl

Projekt Rollstuhl-Basketball auf hohem Niveau gerät ins Wanken: Geld fehlt.

Es gab Zeiten, da rauschten die „Rhine River Rhinos“ durch die Wiesbadener Nächte. In leuchtenden Farben auf Bussen der ESWE, als Kampagnenpartner bei der Werbung für barrierefreien Verkehr in der Stadt. Mindestens lebensgroß waren sie da im öffentlichen Raum unterwegs, im sportlichen Kampf um den orangenen Basketball. „Wir bringen Wiesbaden ins Rollen“, der ESWE-Slogan an der Seitenfront war doppeldeutig. Die sportlichen Männer und Frauen der „Rhine River Rhinos“ agieren vom Rollstuhl aus. Seit Gründung des Teams vor 10 Jahren folgen sie ihrem Mantra. Immer wieder Mutmacher und Antrieb zugleich. „You can’t stop a running Rhino“. Eine Erfolgsgeschichte, die sie nach drei Jahren schon in die höchste deutsche Liga geführt hat.

Jetzt könnten fehlende Sponsoren die rollenden Rhinozerosse vom Rhein, die zu den Top-Teams im Land zählen, hart ausbremsen. Jedenfalls die professionelle Seite des SV Rhinos Wiesbaden, der Inklusion auf allen Ebenen leben will. Die Profis im Rollstuhl-Basketball sind Aushängeschild. Sie sorgen für Aufmerksamkeit, nicht nur auf durch die Nacht rauschenden Bussen. Regelmäßige Projekte in der Schulsozialarbeit tragen dazu bei, in der Begegnung mit vielen 100 Jugendlichen wird hautnah vermittelt, dass Behinderung vielleicht ein Manko in manchen Lebenslagen ist, dass die einen und die anderen bis auf die Art der Fortbewegung aber eigentlich nichts unterscheidet.

Die Rhinos wollen für Hoffnung stehen. Und für den Mut zum Kämpfen und dass man auch mit einem Handicap oder nach einem Schicksalsschlag glücklich und selbstbestimmt leben kann. Mirko Korder war 14 Jahre alt, als ein Unfall sein Leben beendete. Dachte er jedenfalls. „Mein Leben ist vorbei ohne Beine“, es war der Gedanke, der alles beherrschte, als er über Monate in einer Klinik war. Irgendwann kam er bei der Reha in Heidelberg in Kontakt mit Rollstuhl-Basketballern. „Hej, die sind ja glücklich“, hat er da gespürt. Und gefühlt, dass man auch auf andere Art mobil sein kann. Als die Rhine River Rhinos erstmals auf die Platte gingen, hat er noch ein bisschen mitgespielt, heute gehört der 42-jährige Mirko Korder zum Team im Hintergrund. Er ist Geschäftsführer der Rhinos, wirbt für Schützenswertes, weiß aber, dass seine Rhinozerosse nicht unter Artenschutz stehen.

EIN WICHTIGES SPIEL

In der Rollstuhl-Bundesliga steht die Entscheidung über eine Top-4-Platzierung an, die zur Teilnahme an der Euro-Liga berechtigt. Das Spiel gegen Hannover United ist am Samstag, 11. Februar, um 17 Uhr wegen des besonderen Charakters in der Halle am Platz der Deutschen Einheit. Es bietet Gelegenheit, an den Rhinos und der Atmosphäre zu schnuppern. Tickets kosten 8 Euro, Schüler:innen und Studierende zahlen 6 Euro, bis 14 Jahre ist der Eintritt frei.

Im „Rhinos Dome“ – der amerikanische Slang im Namen von Team und Spielstätte gehört wie in den „anderen“ Profi-Ligen des Basketballs zur Identität des Sports – begleitet Bangen das fast tägliche Training. Der „Dome“ in Klarenthal mit Platz für rund 450 Zuschauer:innen ist Heimspielstätte des erfolgreichen Teams, immer mal wieder neu formiert aus internationalen Profis. Gespielt wird in gemischten Mannschaften, nach dem jüngsten Abgang eines Paares ist aktuell nur noch eine Frau mit von der Partie im knappen Kader. Wie lange das Projekt noch auf höchstem Niveau fortgesetzt werden kann, steht auf der Kippe, es hängt davon ab, ob neue Sponsoren gefunden werden. Die für Inklusion stehen wollen, auch firmenintern durch Workshops und Team-Events.

„Neustart ins Leben!“ haben die Rhinos eine Kampagne genannt, bei der es darum ging, Menschen nach schweren Unfällen über den Rollstuhl-Basketball neue sportliche und gesellschaftliche Perspektiven zu eröffnen. Jetzt brauchen sie selbst den Neustart, vom „SOS-Signal“ spricht Korder. Wiesbadens OB Gert-Uwe Mende hat den Hilferuf gehört, er kündigt einen Zuschuss von 25 000 Euro aus der Sportförderung an. Das soll helfen, den Verbleib in der Bundesliga zu sichern. Mende appelliert an Gewerbetreibende und Stadtgesellschaft, das „förderwürdige Projekt“ zu unterstützen. Dies sei eine „gesamtstädtische Aufgabe“. Er verweist auch auf die „Special Olympics World Games“ im Sommer in Berlin. Wiesbaden engagiert sich im Vorfeld der Spiele im „Host-Town-Programm“, empfängt dabei eine Delegation aus Indonesien in Wiesbaden.

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