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Wiesbadener AWO setzt sich neue Ziele

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Von: Madeleine Reckmann

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Christa Enders (links) und Evelyn Pflugradt planen, weitere AWO-Kitas zu eröffnen.
Christa Enders (links) und Evelyn Pflugradt planen, weitere AWO-Kitas zu eröffnen. © Monika Müller

Für die Vorsitzenden Evelyn Pflugradt und Christa Enders ist die Zeit der Skandale vorbei. Jetzt möchten sie schon den Anschein vermeiden, dass die Geschäfte nicht sauber geführt werden.

Die früheren Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Hessenauer und Franz Betz haben die Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt (AWO) aus den Skandalen herausgeführt. „Trümmermänner“ seien sie, beschreibt die neue zweite AWO-Vorsitzende Christa Enders die beiden, sie hätten die „harten Brocken“ beiseite geräumt. Ohne die beiden Männer, die in drei Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit kriminelle Machenschaften und Misswirtschaft der vorangegangenen AWO-Verantwortlichen aufgearbeitet haben, würde es die Wiesbadener AWO nicht mehr geben, davon ist die erste AWO-Vorsitzende Evelyn Pflugradt überzeugt.

Beraten und Kontrolle ausüben

Jetzt möchten die beiden Frauen, die im Abstand von wenigen Monaten die ehrenamtlichen Vorstandsämter im Herbst und Winter übernommen haben, den Sozialverband in eine unbelastete Zukunft führen. „Wir haben die Möglichkeit, die AWO neu aufzubauen“, sagt Pflugradt. „Und wir haben die Verpflichtung, Lehren zu ziehen. Wir müssen schon den Anschein vermeiden, dass irgendetwas nicht sauber laufen könnte.“ Ihre Aufgabe sehen sie darin, den Geschäftsführer zu beraten und Kontrolle auszuüben.

Vorbehalte der Verwaltung abbauen

Pflugradt war viele Jahre in unterschiedlichen Funktionen in städtischen Ämtern und kommunalen Unternehmen in Wiesbaden tätig, zuletzt als Prokuristin bei der Wibau, die mit Bau- und Facilitymanagement betraut ist. Die 66-jährige Juristin ist seit 35 Jahren AWO-Mitglied und seit 50 Jahren in der SPD. „Ich möchte, dass die AWO nicht mehr als Skandalunternehmen wahrgenommen wird“, sagt sie. Außerdem möchte sie dafür kämpfen, dass die Vorbehalte in der Stadtverwaltung der AWO gegenüber abgebaut werden. Die tägliche Zusammenarbeit sei noch immer von Misstrauen geprägt, obwohl die AWO Wiesbaden bereits mit Hessenauer und Betz Aufklärung betrieb und seitdem nichts mit den Skandalen zu tun hat.

„Die Stadt braucht die Leistungen“

Christa Enders, 69 Jahre, ist die frühere Leiterin des Amts für soziale Arbeit. Daher ist sie mit der AWO-Arbeit in den Kindertagesstätten, Senioreneinrichtungen und im Frauenhaus vertraut. „Die Stadt braucht diese Leistungen.“ Nach den Skandalen sei der Wert des Sozialverbands „unter Wert“ gehandelt worden, was sie sehr geärgert habe. Das möchte sie ändern.

Einige Personen wurden schon verurteilt

Seit 2019 waren Vorwürfe wie Verschwendung, Günstlingswirtschaft und Scheinarbeit gegen die damaligen Vorstandsmitglieder mit Hannelore Richter an der Spitze und gegen die frühere Geschäftsführung bekannt geworden. Inzwischen beschäftigen sich mehrere Gerichte und Staatsanwaltschaften mit den Vorgängen. Einige Personen sind bereits zu Geldstrafen verurteilt worden.

Beschäftigte identifizieren sich mit der AWO

„Das alles gehört nun der Vergangenheit an“, betont Enders. Sie ist überzeugt davon, dass die gute Leistung in den Einrichtungen wieder in den Vordergrund tritt. Die meisten der 460 Beschäftigten seien in den Krisenjahren mit ihrem Arbeitgeber „durch das Tal der Tränen gegangen“, berichtet Pflugradt. Bei dem Fachkräftemangel hätten viele in andere Unternehmen wechseln können. Dass sie es nicht taten, zeige den hohen Identifikationsgrad der Beschäftigten mit der AWO. „Ich bin froh, dass sie bei der Stange geblieben sind“, sagt sie. Nun setze sich der Verband neue Ziele.

Ehrenamtliche gewinnen

Gemeinsam mit den Leistungskräften werde in Workshops erarbeitet, welche Aufgaben nun anzupacken seien. Fest steht, dass die AWO-Wiesbaden wachsen und sich um weitere Kita-Trägerschaften bewerben möchte. Die zehnte AWO-Kita stehe kurz vor der Eröffnung. Zudem möchten Pflugradt und Enders die Freiwilligenarbeit ausweiten. Um den Fachkräftemangel etwas abzufedern, sollen unter den Mitgliedern Ehrenamtliche gewonnen werden, die in den Kitas und Pflegeeinrichtungen etwa Spaziergänge begleiten oder vorlesen könnten. Es werde auch darüber nachgedacht, die Frauenhausarbeit auszubauen.

Gläubiger erhalten Geld zurück

Erfreuliches gebe es auch für die Gläubiger zu berichten. Nachdem sie nach der Insolvenz 2020 eine Basisquote von 22 Prozent auf ihre anerkannten Forderungen erhalten hatten, stehe nun eine weitere Auszahlung von 12,68 Prozent bevor, berichtet Pflugradt. Weitere Besserungsquoten könnten folgen, wenn es gelinge, Schadensersatzforderungen der AWO gegenüber ehemaligen Führungspersonen beziehungsweise den Versicherungen durchzusetzen.

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