Wiesbaden: Viele Schulen ohne Leitung

40 Prozent der staatlichen Schulen in Wiesbaden haben keine komplette Schulleitung. Die Gewerkschaft GEW und der Stadtelternbeirat fordern dringend die Nachbesetzung offener Stellen und kritisieren das langwierige Ausschreibungsverfahren.
In den 80 staatlichen Schulen in Wiesbaden sind 40 Prozent der Schulleitungsstellen nicht besetzt. Neun Schulen müssen ohne Leiter:innen auskommen, stellvertretende Schulleitungen fehlen in weiteren 21 Schulen.
Das teilen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Gesamtpersonalrat Schule am staatlichen Schulamt für den Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden sowie der Stadtelternbeirat der Landeshauptstadt mit. Die Vakanzen bestünden dabei über Monate, mitunter sogar über mehrere Jahre, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung. Dies gehe aus der Antwort des hessischen Kultusministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag hervor. Besonders betroffen seien Gymnasien und Förderschulen. In der Hälfte dieser Schulen seien aktuell Leitungspositionen nicht besetzt, monieren GEW und Elternvertretung.
„Jeder einzelne Fall ist für uns Anlass, das Staatliche Schulamt zu raschem Handeln zu drängen“, sagt die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Manon Tuckfeld. Besonders problematisch sei, dass absehbare Vakanzen nicht frühzeitig ausgeschrieben würden. Von Gesetzes wegen könne dies ein Jahr im Voraus geschehen, um Wechsel in Schulleitungen rechtzeitig und möglichst nahtlos zu gewährleisten.
Die Vorsitzende des Wiesbadener Stadtelternbeirates, Isabel Buchberger, fürchtet, dass konzeptionelle Weiterentwicklungen, die nötig sind, um Schulen an die Digitalisierung oder den Fachkräftemangel anzupassen, auf der Strecke bleiben, wenn Schulleitungen als Visionäre fehlten.
Da der Mangel an Fachkräften nicht nur die Lehrer und Lehrerinnen betreffe, sondern auch die Personalsachbearbeiter:innen in den für die Besetzung zuständigen Behörden, fordert der Wiesbadener Stadtelternbeirat, dass die Besetzungsverfahren von Leitungspositionen in den Schulen stärker priorisiert werden. „Die offenen Schulleitungspositionen müssen attraktiver gestaltet werden, um die Bewerberzahlen zu erhöhen“, so Buchberger. Sorgfalt beim Auswahlverfahren sei geboten, doch sollten arbeits- und beamtenrechtliche Vorgaben nicht dazu führen, dass Vergabeverfahren sich zum Teil über Jahre hinzögen.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Marius Weiß, der zusammen mit dem schulpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Christoph Degen, die Besetzungssituation der Schulleitungsstellen im Schulamtsbezirk Wiesbaden/Rheingau-Taunus abgefragt hatte, hält die Situation für „extrem besorgniserregend“. Das Land müsse endlich wirksam handeln, fordert er. Zu Wort meldete sich auch die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Elisabeth Kula. Schulleitungsstellen seien durch viel zu hohe Belastung und oftmals durch zu geringe Entlohnung unattraktiv, vermutet sie. „Hier muss das Hessische Kultusministerium dringend nachbessern.“
Für die GEW gibt es immerhin einen Lichtblick. Die Gewerkschaft begrüßt die Neubesetzung der Schulamtsleitung in Wiesbaden und hofft, dass nunmehr die Verfahren zur Neubesetzung von Schulleitungsstellen Priorität erhalten und zügiger vonstatten gehen.