1. Startseite
  2. Rhein-Main
  3. Wiesbaden

Wiesbaden möchte Armut gezielter bekämpfen

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Rabea Krätschmer-Hahn und Beate Hock vom Amt für Soziale Arbeit, kümmern sich um die Teilhabe von Kindern.
Rabea Krätschmer-Hahn und Beate Hock vom Amt für Soziale Arbeit, kümmern sich um die Teilhabe von Kindern. © Michael Schick

Stadt gründet Bündnis mit Kirchen, Gewerkschaften und Verbänden für bessere Sozialarbeit. Basis soll ein Index sein, der Quartiere mit hohen Bedarfslagen ausweist.

Den kostenfreien Schwimmbadbesuch in den Schulferien und verbilligte Busfahrscheine für Kinder und Jugendliche hat die Kooperation im Wiesbadener Rathaus bereits umgesetzt. Die Kooperation aus Grünen, SPD, Linken und Volt hat das Ziel, für den Zusammenhalt in der Gesellschaft einzutreten.

Jetzt hat die Stadtverordnetenversammlung auf Initiative der vier Fraktionen das Bündnis gegen Armut beschlossen, das den Mangel an Teilhabe vieler Menschen mildern und sichtbar machen soll. Es geht dabei um den Ausbau sozialer Projekte, aber auch um Evaluation der vorhandenen Sozialarbeit, um das Geld gezielter einzusetzen.

Anders als die schönen Fassaden und die Luxusgeschäfte es vermuten lassen, ist Wiesbaden nicht nur eine Stadt der Superreichen. Die Landeshauptstadt hat seit Jahren nach Offenbach und Kassel die höchste Arbeitslosen- und Kinderarmutsrate in Hessen. Zudem verdienen 8500 Menschen, die sozialversicherte Jobs haben, so wenig, dass sie zusätzlich auf Bürgergeld angewiesen sind, sagt Sozialdezernent Christoph Manjura (SPD).

Armut in Wiesbaden

Knapp jeder zehnte Wiesbadener Haushalt bezieht im Jahr 2021 Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

Auf diese Leistungen sind 2507 Alleinerziehende angewiesen, das sind 41 Prozent aller Ein-Eltern-Haushalte.

Die größte Gruppe der Personen, die 2020 Grundsicherungsleistungen erhalten, sind Kinder und Jugendliche. Die Sieben- bis unter 18-Jährigen beziehen sie zu 20,7 und die unter Sieben-Jährigen zu 22,5 Prozent.

Die Kommune arbeitet bereits aktiv gegen Armut an. Manjura berichtet von dem guten Netzwerk in der Familienbildung, „das in Hessen seinesgleichen sucht“. Die Mittel für die zehn Kinder-Eltern-Zentren in den Stadtteilen, wo von der Frühförderung bis zum Spiele- nachmittag viele Angebote stattfinden, seien verdoppelt und die Schulsozialarbeit flächendeckend und jetzt auch an Realschulen ausgebaut worden.

Das Bündnis gegen Armut soll dazu beitragen, die Möglichkeiten der Kommune auszuschöpfen. Dafür möchten die Initiator:innen zivilgesellschaftliche Akteure wie Kirchen, Sozialverbände und Gewerkschaften gewinnen. Vorbild ist das seit 2020 existierende Bündnis gegen Kinderarmut, das Lobbyarbeit für die Armen betreibt, Fachvorträge organisiert und zu Spenden an soziale Träger aufruft. Dem Bündnis ist 2022 das Hessische Staatstheater beigetreten, das sich projektbezogen künstlerisch mit Armut auseinandersetzt und auch Kinder aus bildungsfernen Familien für Kunst zu interessieren versucht.

„Wir wollen evaluieren, wie unsere jetzigen Leistungen und Hilfestellungen wirken, und wie sie verstetigt und weiterentwickelt werden müssen“, erklärt SPD-Stadtverordnete Nadine Ruf. Dabei gelte die Maxime „Ungleiches ungleich behandeln“. Sozialarbeit solle in den Quartieren wirken, wo besonders viele sozial benachteiligte Familien leben. Um herauszufinden, welche das sind, soll die Stadt jetzt einen Sozial- und Partizipationsindex einführen. Der Blick soll sich insbesondere auf die Bedürfnisse der Kinder- und Jugendlichen und der Senioren richten.

Auch interessant

Kommentare