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Wiesbaden: Jugendliche leiden an psychischen Problemen

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Von: Diana Unkart

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Melina Jaeglé (16) und Jona Fengler (18) haben eine Umfrage entwickelt und gestartet.
Melina Jaeglé (16) und Jona Fengler (18) haben eine Umfrage entwickelt und gestartet. Michael Schick © Michael Schick

Jona Fengler und Melina Jaeglé haben ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zum Thema mentale Gesundheit befragt - und Antworten bekommen, die nachdenklich stimmen.

Man muss nur kurz bei Tik Tok scrollen, dann merkt man schnell, wie groß das Thema ist“, sagt Jona Fengler. Geredet aber werde über die mentale Gesundheit von Jugendlichen kaum. Das müsse sich ändern, findet er. Zusammen mit einer Freundin, Melina Jaeglé, hat der 18-jährige Schüler aus Wiesbaden eine Umfrage entwickelt. Mehr als 1000 Antworten von Schülerinnen und Schülern aus Wiesbaden haben die beiden erhalten und ausgewertet. Dass ihre Arbeit Schwächen haben kann, dessen sind sie sich bewusst. Sie seien keine Profis. Dennoch, sagen sie, sollten die Ergebnisse öffentlich werden, denn sie offenbarten die Dimension des Problems – und die Schwächen des Hilfssystems.

Jona Fengler nahm in seinem Umfeld junge Menschen mit psychischen Problemen wahr. Schon vor Corona. Aber die Pandemie und die Isolation hätten diese Entwicklung noch verstärkt. Er hatte Fragen, auf die er keine Antworten fand. Auch nicht im Internet. Melina Jaeglé und ihn trieb das Thema um. Sie wollten wissen, wem sich ihre Mitschüler:innen anvertrauen, oder welche Form von Unterstützung aus Sicht der Jugendlichen eigentlich gebraucht wird.

Hilfen kaum bekannt

Sie stellten 15 Fragen zusammen. Eine Psychologin und eine Lehrerin gaben Tipps bei der Formulierung und Auswahl. Der Fragebogen wurde dann digital von Mai 2021 bis Juni 2022 via soziale Medien und durch die Schüler:innenvertretung der Wiesbadener Schulen verteilt. Beteiligt haben sich Schülerinnen und Schüler ab 11 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei knapp 16 Jahren. Die Antworten geben unter anderem Aufschluss darüber, wie viel Prozent der anonym befragten Schülerinnen und Schüler unter psychischen Problemen leiden, welche das sind, ob sie Hilfsangebote kennen, oder was sie sich wünschen.

Dass viele Jugendliche die Fragen beantwortet haben, führt Jona Fengler darauf zurück , dass er und seine Mitstreiterin selbst Jugendliche seien – „die Augenhöhe ist ein wichtiger Aspekt“ –, und dass die Umfrage anonym, digital und damit niedrigschwellig angelegt war. In seiner Schule sei mentale Gesundheit kurz thematisiert worden. Die Lehrerin habe die Schüler:innen aufgefordert, ihre Probleme auf ein DIN-A4-Blatt zu schreiben. „Aber so kann man nicht rangehen. Psychische Gesundheit ist ein spezielles und intimes Thema.“ In anderen Einrichtungen, das geht aus der Auswertung hervor, wird das Thema ausgeklammert. 69,4 Prozent beantworteten die Frage, ob in der Schule je über psychische Gesundheit gesprochen wurde, mit Nein.

Knapp 61 Prozent der von den beiden Jugendlichen Befragten haben angegeben, schon einmal psychische Probleme gehabt zu haben. Sie litten und leiden unter Depressionen, Angst- und Schlafstörungen, Mädchen häufig unter Essstörungen. Knapp 27 Prozent waren deswegen bereits in Therapie, weitere knapp 30 Prozent haben eine Therapie in Erwägung gezogen.

60 Prozent der Befragten gaben an, keine Organisation oder Initiative zu kennen, an die sie sich hilfesuchend wenden könnten. Da zeige, dass die Hilfsangebote unter Jugendlichen zu wenig bekannt seien, sagt Jona Fengler. „Die Angebote werden nicht generation-z-mäßig präsentiert.“ Nachdenklich stimme ihn auch, dass nur 48,2 Prozent derer, die sich an der Umfrage beteiligt haben, angaben, ihre Eltern bei psychischen Problemen nach Hilfe fragen zu können – obwohl 80 Prozent bestätigten, ein sehr gutes oder gutes Verhältnis zu den Eltern zu haben. Als Ansprechpartner:innen fungieren Freunde demnach an erster Stelle.

Welche Angebote erachten die Jugendlichen für sinnvoll? Sie wünschen sich, dass das Thema psychische Gesundheit mehr Beachtung in den Schulfächern findet, dass Fachleute an die Schulen eingeladen werden und dort Vorträge halten, dass Anlaufstellen wie Schulpsycholog:innen oder Hilfe außerhalb der Schulen besser bekanntgemacht werden.

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