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Wiesbaden ist die Hauptstadt der Sittiche in Rhein-Main

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Von: Madeleine Reckmann

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Sicherer Schlafplatz am Bowling Green.
Sicherer Schlafplatz am Bowling Green. © Michael Schick

5000 Papageienvögel werden gezählt. Die Vögel lieben beleuchtete Schlafplätze in den Städten. Möglicherweise kennen die Experten noch nicht alle.

Wenn es dämmert, fliegen die Sittiche gruppenweise zu ihren Lieblingsplätzen. Das sind die seltenen Momente, in denen Vogelkundler die Papageienvögel gut zählen können. Denn tagsüber sind die Tiere in kleinen Trupps in der Stadt unterwegs, erst für die Nacht finden sie sich in großen Scharen zusammen. Einer dieser Treffpunkte befindet sich auf dem Kaiser-Friedrich-Platz gegenüber dem Bowling Green, wo die Sittiche auf drei großen Bäumen, zwei Eichen und eine Platane, übernachten. Ornithologen nennen sie Schlafbäume. Die Zählung 2021 ergab, dass sich etwa 5000 Sittiche in der Landeshauptstadt tummeln.

Halsbandsittiche und Große Alexandersittiche

„Wir haben mehr als 4000 Halsbandsittiche und etwa 800 Große Alexandersittiche“, berichtet Oliver Weirich, Vogelschutzbeauftragter der Staatlichen Vogelschutzwarte. Wiesbaden könne daher als Hauptstadt der Sittiche im Rhein-Main-Gebiet genannt werden, wie es auch die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz in ihrem Jahresbericht 2021 formuliert.

Helligkeit bedeutet Sicherheit

Weirich geht jedoch davon aus, dass noch mehr Sittiche in der Stadt sein könnten. „Rund 5000 gibt es mindestens, denn sie wurden ja gezählt“, sagt er. Möglicherweise seien aber nicht alle ihre Schlafbäume in Wiesbaden und 20 Kilometer Entfernung bekannt. Bislang wissen die Fachleute des Arbeitskreises Wiesbaden und Rheingau-Taunus der Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) außer von den Schlafbäumen am Kaiser-Friedrich-Platz noch von Bäumen am Äppelallee-Center und in Hattenheim. Da die Zählungen der vergangenen Jahre deutlich niedrigere Zahlen ergaben, deutet dies für die Experten darauf hin, dass es weitere Schlafbäume geben müsse. Außerhalb von Wiesbaden kennen Ornithologen nur noch drei kleinere Schlafplätze, und zwar am Frankfurter Rebstockpark und auf dem Mainzer Lerchenberg. Das Besondere ist, dass sich Sittiche am liebsten auf Bäumen in beleuchteten Gegenden zur Nachtruhe begeben. „Dort fühlen sie sich sicher in der großen Gruppe. Wo es hell ist, können sie Feinde besser erkennen. Wir finden nie Schlafbäume in der Natur, sondern nur in den Städten“, sagt Weirich. Zu ihren Feinden zählen etwa Eulen, die nachts lautlos heranfliegen.

Aus Vogelschauen ausgebüxt

Die Sittiche stammen ursprünglich aus Afrika und Asien. Die Wiesbadener Vögel sind Nachfahren einiger Individuen, die Mitte der 1970er Jahre aus Vogelschauen ausbüxten. Halsbandsittiche gehören zu den erfolgreichsten Neozoen unter den Vögeln, sie haben sich als eigentlich fremde Art bestens in der neuen Umgebung eingerichtet.

Keine invasive Art

Dabei vertreiben sie vereinzelt schon mal andere Vögel, indem sie deren Bruthöhlen besetzen. Aber sie gefährdeten keine andere Art, sagt Weirich. Das ist der Grund, warum Sittiche nicht als invasive Art gelten. Laut Bundesamt für Naturschutz müssen drei Kriterien zutreffen, um eingewanderte Arten als invasiv zu bezeichnen: Sie müssen gebietsfremd sein, sich stark ausbreiten und die einheimische Artenvielfalt gefährden. Für letzteres gibt es laut Weirich in Deutschland keine Hinweise.

Was ebenfalls gegen Schäden für andere Arten spreche, sei die Tatsache, dass Sittiche sehr früh brüten. Die etwa 40 Zentimeter großen, schlanken Vögel ernähren sich nach Auskunft des Nabu vegetarisch. Sie futtern Pflanzenteile wie Früchte, Blüten und Knospen, aber auch Körner und Samen. mit dpa

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