Wiesbaden: Inklusives Kunstprojekt

Studierende für Sozialwesen von der Lebenshilfe-Schule in Hochheim und behinderte Menschen aus Wiesbaden haben in einem Workshop gemeinsam Kunstwerke geschaffen. Auch die Wand eines Evim-Wohnhauses wurde mit Graffiti bemalt.
Konzentriert spritzt Jenny Martin Ölfarbe von einem Pinsel in ein Wasserbecken. Die bunten Kleckse schwimmen an der Oberfläche, bilden ein zufälliges Muster. Auf einem Blatt Papier, das nur kurz in das Wasserbad getaucht wird, bleibt die Farbe sofort haften. Ein Kunstwerk in Ebru-Technik ist entstanden.
Jenny Martin ist stolz. Sie gehört zu der Gruppe von Art-Brut-Künstlerinnen und -Künstlern, die regelmäßig im Atelier „Mal anders“ der Evim-Behindertenhilfe in der Johannes-Brahms-Straße dabei sind. Am gestrigen Montag gab es für die Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigung eine besondere Veranstaltung. Studierende der Hochheimer Lebenshilfe-Fachschule für Sozialwesen sind nach Wiesbaden gekommen, um neue Techniken im Malen und Gestalten zu vermitteln und später in kollektiver Kooperation eine Wand am Wohnhaus für Menschen mit Beeinträchtigung bunt zu bemalen.
Die angehenden Fachkräfte für Heilerziehungspflege und Sozialpädagogik sind mit Begeisterung bei der Sache. Cool findet Max Langsdorf die Arbeit mit den behinderten Menschen, die seine Klientinnen und Klienten werden könnten, wenn er mit seinem Studium fertig ist.
Auch Sandra Mamer kann sich vorstellen, noch einmal zu einem Projekt nach Wiesbaden zu kommen. Die 33 Jahre alte Studentin der Lebenshilfe-Schule zeigt bei dem Workshop im Malpavillon auf dem Gelände des Wohnverbundes der Evim-Behindertenhilfe, wie man mit Hilfe eines Negativabdrucks aus Ton Blumen in einem Gipsrelief abbildet. Christina Geiß, die bei Evim wohnt, ist begeistert. Es sei ihre erste künstlerische Arbeit im Atelier „Mal anders“ erzählt sie.
Für die behinderten Menschen sei der Projekttag mit den Studierenden eine wertvolle Erfahrung. „Sie kommen raus aus dem Alltag und können neue Ideen mitnehmen“, erläutert David Pfirrmann von der Evim-Behindertenhilfe. Der Frankfurter Künstler Artjom Chepovetskyy hat nicht nur den inklusiven Projekttag organisiert. Er leitet auch das Atelier „Mal anders“ das seit mehr als 20 Jahren unter dem Dach der Evim-Behindertenhilfe besteht. Den behinderten Malerinnen und Malern gelinge es immer wieder, mit regionalen Ausstellungen ihre unkonventionelle Art-Brut-Kunst in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, erzählt er. „Sie erfahren auf diese Art Wertschätzung, malen nicht für den Keller.“ Mit zu den bekanntesten Künstlerinnen des Ateliers gehört Fatou Jassy. In ihren Acrylbildern befasst sich die Schwarzafrikanerin üblicherweise mit ihrer eigenen Person. Im Workshop probiert sie die Collagetechnik aus und klebt Zeitungsausschnitte zu einem bunten Bild zusammen.
Farbenfroh bemalt ist seit dem gestrigen Nachmittag auch die Fassade des Evim-Wohnhauses in der Idsteiner Straße 34. Unter Anleitung von Artjom Chepovetskyy haben die behinderten Künstlerinnen und Künstler und die Studierenden der Lebenshilfe-Schule die Hauswand gemeinsam gestaltet und sich gegenseitig inspiriert.