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Wiesbaden erteilt Pfefferpistolen eine Absage

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Von: Madeleine Reckmann

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Schutzschleifen sagen den Einsatzkräften „Danke“, wie hier auf der Solidaritätsaktion im Oktober.
Schutzschleifen sagen den Einsatzkräften „Danke“, wie hier auf der Solidaritätsaktion im Oktober. © Michael Schick

Die Politik streitet über den Schutz von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste vor Angriffen. Der Bürgermeister plant Bodycams für die Stadtpolizei.

Pfefferspraypistolen sollen in Wiesbaden nicht dazu beitragen, die Stadtpolizei vor Angriffen von Bürgerinnen und Bürgern zu schützen. Die Mitglieder des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung und Sicherheit möchten zwar die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdiensten und Stadtpolizei vor Wut und Aggressionen der Bürgerinnen und Bürger bewahren. Aber ganz so martialisch soll es doch nicht sein.

Bürgermeister Oliver Franz ist für Pfefferpistolen

Der Pfefferspraypistolen-Vorschlag, der von der Fraktion Freie Wähler/Pro Auto stammt, fällt bei der Mehrheit der Ausschussmitglieder durch, obwohl sich auch Bürgermeister und Ordnungsdezernent Oliver Franz (CDU) dafür stark macht. Pfefferspraypistolen sehen aus wie scharfe Pistolen. Mit ihnen sollen Angreifer über eine größere Distanz abgewehrt werden können als mit einem Spray. In Offenbach gehören sie zur Ausrüstung der Stadtpolizei.

Land dokumentiert verbale und tätliche Gewalt

Dass die Zahl der Angriffe, Beleidigungen und Wutausbrüche gegen Einsatzkräfte zugenommen hat, bestätigt Thorsten Haag, Brandoberrat der Wiesbadener Berufsfeuerwehr in der Ausschusssitzung. Verbale und tätliche Gewalt würden zwar nur in Ausnahmefällen dem hessischen Innenministerium gemeldet, das solche Vorfälle seit 2016 dokumentiert. Von den eine Million Einsätzen von Feuerwehr und Rettungsdienst im Jahr in Hessen würden nur 100 bis 120 Vorfälle weitergegeben.

Deeskalationstraining für die Feuerwehr

„Die Dunkelziffer liegt aber höher“, sagt Haag. Da die Hemmschwelle in der Gesellschaft gesunken sei und Aggressionen und Beleidigungen im Alltag zur Normalität gehörten, würden Einsatzkräfte schon nicht mehr über die Vorfälle informieren. Er begrüßt, dass auch Feuerwehrleute erstmals an der hessischen Landesfeuerwehrschule ein Deeskalationstraining erhielten.

Knalltrauma in Silvesternacht

In der Silvesternacht ist eine Sanitäterin des Deutschen Roten Kreuzes von einem Mann während eines Einsatzes in Wiesbaden leicht verletzt worden. Auch die Stadtpolizei hat möglicherweise einen gewaltsamen Angriff zu verzeichnen. Bürgermeister Franz (CDU) berichtet, dass eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts ein Knalltrauma erlitten habe, weil ein Böller in ihre Richtung geworfen worden sei – ob absichtlich, sei jedoch unklar.

Für die Ausschussmitglieder sind die Vorkommnisse trotz der im Vergleich zu anderen Städten ansonsten sehr ruhigen Silvesternacht besorgniserregend. Sie möchten helfen, die Gewalt zu verhindern. Aber wie?

Prävention besser als Strafvollzug

Von allen Fraktionen favorisiert wird zusätzliche vorbeugende Sozialarbeit. „Prävention ist besser als Strafvollzug“, erklärt die SPD-Stadtverordnete Susanne Hoffmann-Fessner. Auf Initiative der CDU werden die Vorschläge des Deutschen Roten Kreuzes nach mehr Streetworker:innen und Psycholog:innen berücksichtigt. Der Magistrat soll erfolgsversprechende Konzepte erstellen und klären, wie die bezahlt und eingesetzt werden können.

Gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklung

Bürgermeister Franz hält die aggressive Stimmung für eine gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklung, der nicht mit einem Konzept eines Dezernats beizukommen sei. Die Aufarbeitung müsse vielmehr gesamtgesellschaftlich erfolgen. „Wir müssen früher Stopp sagen und Sanktionen aufzeigen, das fällt aber gesellschaftlich schwer“, sagt er. Sozialarbeit und Sanktionen müssten Hand in Hand gehen. „Das geht nicht von heute auf morgen“.

Bodycams für die Stadtpolizei

Zum Schutz der Stadtpolizei plädiert Franz für den Einsatz von Bodycams. Seine Nachfrage bei Innenminister Peter Beuth (CDU) habe aber nicht den erwünschten Erfolg erbracht, sagt er. Bodycams sind körpernahe Kameras, die das Geschehen aufzeichnen. Sie sind für die Stadtpolizei noch nicht erlaubt.

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