Wiesbaden: Erster Wohnungsloser zieht in Holzhäuschen der Diakonie

„Dach überm Kopf“ heißt ein Projekt des diakonischen Werkes für obdachlose Menschen in Wiesbaden. Jetzt wurde das erste Minihäuschen bezogen. Es steht auf dem Gelände der evangelischen Lutherkirche.
Die Augen zumachen, Ruhe haben, hinter sich die Türe abschließen – all das konnte Andreas Hohmeier lange Zeit nicht. Fünf Jahre lebte der 47-Jährige in Wiesbaden auf der Straße. Er schlief am Hauptbahnhof, war ohne festen Wohnsitz. In der Teestube der Diakonie fand er eine Anlaufstelle. Mittlerweile arbeitet er im Hauswirtschaftsprojekt der Obdachloseneinrichtung in der Dotzheimer Straße.
Seit gestern hat Andreas Hohmeier eine feste Bleibe. Er hat das erste der Minihäuschen bezogen, die im Zuge des Projektes „Dach überm Kopf“ vom diakonischen Werk und der Wiesbadener Geschäftsfrau Betina Weiler angefertigt werden.
Das vier mal zwei Meter große Holzhaus steht auf dem Gelände der Lutherkirche in der Sartoriusstraße. Eine 12-Volt-Solaranlage auf dem Dach versorgt es mit Strom, sodass Andreas Hohmeier Licht hat und sein Handy aufladen kann. Das Haus verfügt über ein Bett, ein Regal, einen Schreibtisch, ein Waschbecken und eine Trockentoilette. Außen ist ein Briefkasten angebracht, auf dem der Name des Bewohners steht.
Er sei glücklich, dass er die Nächte nicht mehr im Freien verbringen müsse, sagte Hohmeier. „Und dass ich in Sicherheit bin.“ Beschäftigte des diakonischen Werkes überreichten ihm gestern zum Einzug Brot und Salz und eine große Tasche mit Bettzeug, Geschirr und Besteck. Der Leiter der Teestube, Matthias Röhrig übergab die Schlüssel für das Minihäuschen.
Das Holzhaus sei nicht zum dauerhaften Wohnen gedacht, erläuterte Röhrig. Sechs Monate sollten Menschen ohne festen Wohnsitz darin unterkommen, danach eine eigene Wohnung finden, um noch besser im Leben Fuß zu fassen. Seit 1. Januar hat das diakonische Werk für das Projekt „Dach überm Kopf“ einen Sozialarbeiter angestellt, der bei Andreas Hohmeier regelmäßig vorbeischauen wird. Die 80-Prozent-Stelle wird über den europäischen Sozialfonds EhAP-Plus finanziert.
Der Bau einer Schlafbox kostet 12 000 Euro. Die Finanzierung läuft über Spenden, die Betina Weiler sammelt. Die Boutiquebesitzerin hat unter anderem das Obdachlosenfest in der Landeshauptstadt ins Leben gerufen. Sie sprach gestern von einem „solidarischen Miteinander“, um Menschen von der Straße zu holen. „Es gibt viele Bürgerinnen und Bürger, die nicht wegschauen, wenn Not in ihrer Umgebung herrscht.“
Aktuell ist bereits genug Geld zusammengekommen für den Bau von drei Minihäuschen. Acht Unterkünfte wollen Röhrig und Weiler bis Jahresende in Wiesbaden aufstellen. Das nächste Häuschen soll auf dem Gelände der englischen Kirche einen Platz bekommen. Weitere Kirchengemeinden, die für das Projekt „Dach überm Kopf“ eine Fläche zur Verfügung stellen, werden gesucht.