Wiesbaden: Altes Wissen aus dem Apothekergarten

Den Wiesbadener Apothekergarten gibt es seit Mitte der 1980er Jahre. 270 Arzneipflanzen wachsen auf der Grünfläche an der Aukammallee. Regelmäßig bieten Fachleute Führungen an.
Bereits im Mittelalter kultivierten Mönche und Ordensfrauen in ihren Klostergärten Arznei-pflanzen. Im Wiesbadener Apothekergarten hat man sich dies zum Vorbild genommen. 270 Pflanzen, denen heilkräftige Wirkung nachgesagt, wird, wachsen auf der 5500 Quadratmeter großen Fläche gegenüber den Klinikgebäuden an der Aukammallee. Mehr als zwei Dutzend Beete wurden im Laufe der vergangenen Jahrzehnte angelegt. Viele der Arzneipflanzen sind weithin bekannt – Salbei etwa, Johanniskraut oder Spitzwegerich. Man findet aber auch heilkräftige Pflanzen, die längst in Vergessenheit geraten sind, wie die Alraune, die vor Hunderten von Jahren als Betäubungsmittel verwendet wurde oder den echten Galgant, ein Ingwergewächs, das laut Hildegard von Bingen bei Herz- und Kreislaufschwäche helfen soll.
„Wissen von gestern“ sei im Apothekergarten versammelt, sagt Ernst Binde. Vieles davon stamme aus der Volksmedizin, sei ausschließlich mündlich weitergetragen worden. Manches habe aber auch heute noch Gültigkeit. „Man muss immer den historischen Bezug sehen“, sagt der Wiesbadener, der bis 2001 Leiter der Krankenhaus-Apotheke im Sankt-Josefs-Hospital war. Seit seiner Pensionierung kümmert sich Ernst Binde um die fachliche Betreuung des Apothekergartens und organisiert zusammen mit anderen Ehrenamtlichen regelmäßig Führungen.
Angelegt wurde der Garten Mitte der 1980er Jahre. Die Idee hatten der damalige Gartenbaudirektor, Hildebert de la Chevallerie und seine Frau Rita. Die Wiesbadener Apothekerschaft machte bei dem Projekt mit. 1986 wurde der erste Bauabschnitt mit 85 Pflanzenarten eröffnet. Bis heute sind Apothekerinnen und Apotheker ehrenamtlich im Garten engagiert. Und auch die Stadt, die vom Start weg finanzielle Hilfe leistete, ist mit im Boot. Regelmäßig kommen Beschäftigte des Grünflächenamtes, um die Beete zu pflegen. Sie entfernen das Unkraut, schneiden die Pflanzen und mähen den Rasen. „Als Ehrenamtliche könnten wir das nicht leisten“, sagt Ernst Binde. Unterstützung gibt es auch von der Interessengemeinschaft der Apotheker Hessen Nassau und vom Freundeskreises Apothekergarten Wiesbaden.
Führungen
Geöffnet ist der Apothekergarten an der Aukammallee 39 von Anfang Mai bis Ende September.
Themenführungen unter fachkundiger Leitung gibt es jeden Samstag.
Beginn ist jeweils um 15 Uhr am oberen Eingang des Gartens. Der Eintritt ist frei. aro
www.apothekergarten-wiesbaden.de
Zu Führungen in den Schau- und Lehrgarten kommen nicht nur interessierte Laien, auch viele Fachleute seien darunter, berichtet Ernst Binde: Pharmazeutisch-technische Assistent:innen, Studierende aus Medizin und Pharmazie, Gärtnerinnen und Gärtner.
Jede Tour hat ein Schwerpunktthema. Die Beete sind thematisch angelegt: Es gibt ein Hildegard-von-Bingen-Beet, eines, dass Paracelsus gewidmet ist und Flächen, auf denen Arzneipflanzen wachsen, die in der Homöopathie oder der anthroposophischen Medizin Verwendung finden. In anderen Beeten sind die Pflanzen nach ihrer Wirkweise versammelt – gegen Entzündungen, Durchfall oder Venenleiden.