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Trotz Putin-Nähe: Staatstheater Wiesbaden hält an Auftritt von Netrebko fest

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Von: Diana Unkart

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Intendant Uwe Eric Laufenberg spricht von „Hysterie“.
Intendant Uwe Eric Laufenberg spricht von „Hysterie“. dpa © dpa

Die Maifestspiele sind 2023 politisch Gefangenen weltweit gewidmet. Bei der Präsentation des Programms gerät das wichtige Thema aus dem Blick, weil ein anderes dominiert.

Wiesbaden – Die Bitte von Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD), die Diskussionen um den Auftritt der russischen Sopranistin Anna Netrebko mögen nicht den Blick verstellen auf das hervorragende Programm der Maifestspiele, blieb ein frommer Wunsch. Die Auseinandersetzung um den Auftritt der russischen Sopranistin, die wegen ihrer Putin-Nähe umstritten ist, überlagerte die Präsentation des Festivalprogramms. Dessen ungeachtet machte Intendant Uwe Eric Laufenberg deutlich, dass das Staatstheater an Netrebkos Auftritt festhalten wird. Die Stadt Wiesbaden hatte empfohlen, ihn abzusagen.

Laufenberg sprach von einer allgemeinen Hysterie, die der Künstlerin irgendwas anhängen wolle. „Das ist eine Art Moralhysterie.“ Solange ein Künstler oder eine Künstlerin nicht strafrechtlich verfolgt werde, dürfe er oder sie in Deutschland nicht verboten werden. „Kunst ist frei.“

Oberbürgermeister Mende sagte, es gehe nicht um ein Verbot. Die Stadt wolle aber kein falsches Signal an die Ukraine senden, deswegen habe sie zur Absage geraten. Nun müsse der Dissens ausgehalten werden.

Menschenrechte stehen bei Maifestspielen in Wiesbaden im Fokus

Die Maifestspiele in Wiesbaden vom 30. April bis zum 31. Mai sind unter dem Motto „Flieg, Gedanke auf goldenen Schwingen“, einer Zeile des Gefangenenchors aus Giuseppe Verdis Oper „Nabucco“, allen politischen Gefangenen weltweit gewidmet. Amnesty International wird die Veranstaltungen im Theater und an anderen Orten begleiten. Zum Auftakt ist am 30. April um 11 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen von Amnesty, Reporter ohne Grenzen und dem PEN-Zentrum geplant, die sich aktuellen Menschenrechtsthemen widmen wird.

Die Maifestspiele eröffnen am 30. April mit den beiden Opern „Die Sache Makropulos“ und „Aus einem Totenhaus“ von Leoš Janácek. In den beiden Aufführungen von Verdis Oper „Nabucco“ am 5. und 7. Mai wird Anna Netrebko ihr Rollendebüt als Abigaille geben. Nach Angaben von Intendant Laufenberg tragen sich die beiden Aufführungen voraussichtlich allein aus den Kartenverkäufen und müssen nicht bezuschusst werden.

„Pussy Riot“ als Ersatz bei den Maifestspielen in Wiesbaden

Ukrainische Künstlerinnen und Künstler sind nun nicht in Wiesbaden zu erleben: Das Taras-Schewtschenko-Theater aus Charkiw und das ukrainische Nationalorchester haben ihre Teilnahme wegen Netrebkos Auftritt abgesagt. Statt des Nationalorchesters werden „Pussy Riot“ am 24. Mai im Großen Haus ihre Performance „Riot Days“ zeigen, ein Projekt aus Konzert, Kundgebung und Theater, das auf dem gleichnamigen Buch von Maria Alyokhina basiert.

Das regierungskritische und feministische russische Punkrock-Kollektiv erlangte 2011 weltweit Aufmerksamkeit mit einer Aktion in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau. Oper und Konzert, Tanz, Performance und Schauspiel – das Programm der Maifestspiele, die nach den Wagner-Festspielen in Bayreuth die ältesten Festspiele Deutschlands sind, umfasst alle Sparten der darstellenden Kunst. Zu erleben sein werden unter anderem das Thalia Theater Hamburg, das Wiener Burgtheater und das Berliner Ensemble mit drei Produktionen – darunter „Big Brecht“, ein Big-Band-Abend mit Songs von Bertolt Brecht und der Musik von Kurt Weill und Hanns Eisler, sowie das musikalische Schauspiel „It’s Britney, Bitch!“

Maifestspiele in Wiesbaden besticht mit breitem Programm

Das koreanische Nationalballett gastiert am 11. und 12. Mai in Wiesbaden. Mehr als 680 Künstler:innen aus aller Welt sind eingeladen. Während der Maifestspiele werden drei Produktionen des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden Premiere feiern. Bei den Jungen Maifestspielen, die mit einem Familienfest auf dem Warmen Damm eröffnet werden, wird es acht Produktionen und Lesungen geben.

Ein besonderes Konzert trägt den Titel „Die Vier Jahreszeiten im Klimawandel“. Harald Lesch, Astrophysiker, Naturphilosoph und Wissenschaftsjournalist, nimmt gemeinsam mit den Musiker:innen des Merlin-Ensembles Wien das Publikum mit auf eine musikalisch-wissenschaftliche Zeitreise von der Entstehung der Erde bis zum Klimawandel von heute.

Der Kartenvorverkauf beginnt am 17. Februar um 10 Uhr. Karten gibt es unter 0611/132325 oder maifestspiele.de. (Diana Unkart)

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