Riesenesel in der Wiesbadener Fasanerie

Vier Poitou-Esel haben in der Wiesbadener Fasanierie ein neues Gehege bezogen. Der Tierpark will die seltene Haustierrasse aus Südwestfrankreich züchten.
Fam, Lambada, Coco und Kiwi sind kein bisschen schreckhaft. Kaum hat Tierparkleiterin Nadja Niemann das Tor zu ihrem Gehege in der Wiesbadener Fasanerie geöffnet, kommen die drei Eseldamen und der Wallach angelaufen. Sie haben große, lange Ohren und ein zotteliges, braunes Fell. Und sie sind sehr neugierig – zupfen an Winterjacken und Hosenbeinen, beäugen die Kameras der Pressefotograf:innen aus nächster Nähe, knabbern am Schreibblock der FR-Reporterin.
Erst vor kurzem sind die vier Poitou-Esel in der Fasanerie angekommen. Ende vergangener Woche wurde ihr 800 Quadratmeter großes Gehege eröffnet. Die Beschäftigten des Tierparks haben es zusammen mit lokalen Unternehmen gebaut. Vier Monate hat das gedauert. 89 000 Euro hat die Stadt dafür zur Verfügung gestellt.
„Für uns ist das neue Eselgehege ein Herzensprojekt“, sagt Stadträtin Christiane Hinninger (Grüne). Die Wiesbadener Fasanerie sei ein Ort des Natur- und Artenschutzes, setze sich nicht nur für den Erhalt bedrohter Wildtiere ein, sondern auch für die Bewahrung vom Aussterben bedrohter Haustierrassen. Sie sei selbst Gründungsmitglied des Fördervereins Fasanerie, teilt Hinninger mit. „Der Ausbau des Haustierbereichs in eine Nutztierarche ist uns ein besonderes Anliegen. Denn nicht nur die Zahl der Haustierarten und die genetische Vielfalt wird immer geringer, auch das Kulturgut, das eng mit diesen Tieren verbunden ist, gerät in Vergessenheit.“
Bei den Poitou-Eseln handelt es sich um eine besonders alte Rasse. Bereits im Mittelalter kamen sie als Arbeitstiere sowie im Krieg zum Einsatz. In den 1970er Jahren waren die Riesenesel mit der gewaltigen Haarfülle fast ausgestorben. Gerade einmal 44 Exemplare habe es damals noch gegeben, berichtet die stellvertretende Leiterin des Grünflächenamtes, Sabine Rippelbeck. Mittlerweile würden die Tiere wieder gezüchtet. „Dass wir sie jetzt hier in der Fasanerie haben, ist etwas ganz Besonderes.“
Fam, Lambada, Coco und Kiwi wurden aus dem Westen Frankreichs geholt, aus der Gegend um Poitiers, wo die Groß-eselrasse im zehnten Jahrhundert entstand. Zwei der vier Tiere hat der Förderverein Fasanerie gekauft. Auch wenn Poitou-Esel menschenbezogen, geduldig und freundlich sind, dürfen Besucherinnen und Besucher der Fasanerie sie nur durch einen doppelten Zaun betrachten. Die Tiere zu füttern ist strengstens verboten. Die Esel ernährten sich vor allem von Heu, erläutert Tierparkleiterin Nadja Niemann. „Sie werden krank, wenn sie zu viel Kraftfutter bekommen.“
Neben dem Hessenpark ist die Wiesbadener Fasanerie einer von zwei Archeparks im Land. Voraussetzung für die Zertifizierung war, dass ein halbes Dutzend bedrohter Tierarten gehalten werden. Das Kriterium könne man leicht erfüllen, sagt Tierparkleiterin Nadja Niemann. „Wir haben hier unter anderem Walliser Schwarznasenschafe, Laufenten und seltene Hühnerrassen wie Orpington oder bergische Schlotterkämme.“
Im Sommer will die Fasanerie mit der Zucht von Poitou-Eseln beginnen. Die Eseldamen Coco und Fam sollen dann zu einem Züchter in der Nähe gebracht werden, der drei nicht verwandte Hengste hat. Wenn die Eselinnen gedeckt sind, sollen sie in den Wiesbadener Tierpark zurückkehren. Nach zwölf Monaten könnten dann zwei Poitou-Eselfohlen durch das Gehege in der Fasanerie laufen.