Rentsch wettert gegen Stadtbahn

Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) prognostiziert, dass die in Wiesbaden geplante Stadtbahn auch in 20 Jahren nicht gebaut werde – und erzürnt damit die Koalition im Wiesbadener Rathaus.
Der Hessische Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP) hat eine ganz besondere Verbindung zu Wiesbaden. Schließlich ist nicht nur sein Ministerium in der Landeshauptstadt beheimatet, sondern er ist auch der hiesige Kreisvorsitzende der Liberalen. Aber nun äußerte er sich als Verkehrsminister zu einem lokalen Thema: der Stadtbahn, gerne auch Regiobahn genannt.
„Aus meiner Sicht ist klar, dass in Wiesbaden in den nächsten 20 Jahren keine Stadtbahn gebaut werden wird“, sagt Rentsch einer Lokalzeitung in einem Interview. Dieses Vorhaben stehe in der „Prioritätenliste so weit hinten wie kaum ein anderes Projekt in Hessen“.
Wolfgang Harms, Pressesprecher des Verkehrsministeriums, bestätigt die grundsätzliche Haltung Rentschs zur Stadtbahn. Bei der zitierten Prioritätenliste handle es sich aber nicht um einen wie auch immer gearteten Verwaltungsbeschluss; der Begriff der „Prioritätenliste“ sei im übertragenen Sinn gemeint.
„Es gibt derzeit mehrere wichtige ÖPNV-Vorhaben in Hessen“, sagt Harms der Frankfurter Rundschau. Unter anderem sehe das Ministerium die Bahnverbindung von Frankfurt-West nach Friedberg, die nordmainische S-Bahn und die Regionaltangente West als wichtiger an.
Unter den zentralen Kritikpunkten des Verkehrsministeriums sind laut Harms die vielen offenen Fragen und der drohende Zeithorizont. „Bis 2019 muss das Projekt abgeschlossen und bezahlt sein, dann läuft das entsprechende und ohnehin völlig überbuchte Programm der Landesregierung aus“, sagt Harms. Und andere Projekte seien da schon viel weiter als Wiesbadens Stadtbahn.
Verkehrsdezernentin Sigrid Möricke (SPD) hält die Aussagen Rentschs für möglicherweise persönlich motiviert. Die Gutachter haben laut Möricke auch auf Nachfrage bestätigt, dass alle Fragen von Hessen Mobil zur Bewertung des Projekts von der Stadt beantwortet wurden. „Während wir immer noch auf die für Februar angekündigten Prüfungsergebnisse des Landes warten, stiftet Minister Rentsch Verwirrung“, so Möricke. In der Koalition habe das Projekt hohe Bedeutung, was das Parlament jüngst bekräftigte.
Als „Verunsicherung der Bürger“ wertet auch UFW-Fraktionsvorsitzender Veit Wilhelmy die Ausführungen Rentschs. „Eine Prognose für die nächsten Jahrzehnte entbehrt jeder Grundlage und ist völlig überflüssig“, so Wilhelmy. Auch Claus-Peter Große, verkehrspolitischer Sprecher der Wiesbadener Grünen, ist erstaunt: „Verkehrsdezernentin Möricke ließ verlautbaren, dass es gut aussehe für die Fördermöglichkeiten der Regiobahn von Land und Bund. Wem kann man glauben?“