Protest gegen Netrebko-Auftritt in Wiesbaden

Während die wegen ihrer Nähe zu Putin kritisierte russische Sopranistin im Staatstheater singt, soll vor dem Haupteingang die ukrainische Hymne erklingen.
Die Wiesbadener Maifestspiele haben begonnen. Mehr als 680 Künstler:innen aus aller Welt werden bis zum 31. Mai auf den Bühnen der hessischen Landeshauptstadt zu erleben sein. Doch die Querelen um den Auftritt einer Künstlerin, der russischen Sopranistin Anna Netrebko, die wegen ihrer Nähe zu Wladimir Putin in der Kritik steht, überschatten die Tage. Am Freitag wird Netrebko im ausverkauften Großen Haus ihr Rollendebüt als Abigaille in Verdis Oper „Nabucco“ geben. Und draußen, vor dem Haupteingang des Theaters, wird demonstriert werden: für Solidarität mit der Ukraine – und gegen Netrebkos Auftritt.
Angemeldet hat die Kundgebung die Europa-Union. Zur Eröffnung sollen um 18.30 Uhr die Europahymne und die ukrainische Nationalhymne erklingen. Wer die Stücke spielen werde, sei eine Überraschung. Mehr möchte der Vorsitzende der Europa-Union in der Region, Peter H. Niederelz, nicht verraten.
Es kursieren Gerüchte, Musiker:innen des Staatsorchesters würden an der Kundgebung mitwirken. Angekündigt sind ukrainische Künstler:innen. Sprechen wird nach Angaben der Europa-Union unter anderem der Generalkonsul der Ukraine, Vadim Kostiuk. „Mir ist es wichtig, dass Menschen aus der Ukraine zu Wort kommen“, sagt Niederelz und versichert: „Wir werden vor dem Haupteingang sichtbar und hörbar sein.“
Wegen Netrebkos Auftritten am 5. und 7. Mai hatten ukrainische Künstler:innen ihre Teilnahme an den Maifestspielen abgesagt. Die Festspiele sind unter dem Motto „Flieg, Gedanke auf goldenen Schwingen“, einer Zeile des Gefangenenchors aus „Nabucco“, politischen Gefangenen weltweit gewidmet.
Das russische Punkrock-Kollektiv Pussy Riot, vom Staatstheater als Ersatz für das ukrainische Nationalorchester angekündigt, sagte mit Verweis auf Netrebko ebenfalls ab. Die regierungskritischen Aktivistinnen und Musikerinnen treten stattdessen im Wiesbadener Kulturzentrum Schlachthof auf – am 24. Mai, dem Tag, der für sie bei den Maifestspielen vorgesehen war. Aufgrund des des Engagements der Sopranistin war es zum Streit zwischen Stadt, Land und Intendant Uwe Eric Laufenberg gekommen. Der hielt, obwohl die Stadt und das Land ihn gebeten hatten, von der umstrittenen Verpflichtung abzusehen, daran fest und sprach von „Moralhysterie“.
Laufenberg, der nach der Spielzeit 2023/24 das Staatstheater Wiesbaden verlassen wird, hat kürzlich bekanntgegeben, dass Netrebko auch für die Maifestspiele 2024 engagiert ist – als Prinzessin Turandot in Puccinis gleichnamiger Oper