Mitarbeiter kündigt wegen Wiesbadener „Metoo“-Affäre

Die Linke soll Vorwürfe nicht ernst genug nehmen. Der Fraktionsvorsitzende widerspricht.
Gerade war es um den „Metoo“-Skandal der Partei Die Linken in Wiesbaden ruhig geworden, da taucht wieder eine neue Stellungnahme über Twitter dazu auf. Der frühere Referent der Linkenfraktion im Rathaus, Uwe von Massenbach, begründet seine Kündigung zu Jahresbeginn mit dem Umgang der Partei mit den Vorwürfen. Er schreibt von Gleichgültigkeit den Anschuldigungen gegenüber und von Diskreditierung der Opfer. Ein Umdenken der Beschuldigten habe sich nicht eingestellt.
Seit November 2021 bezichtigen einige junge Frauen und ein Mann, die früher der linken Szene angehörten, Politiker der Linken-Partei öffentlich, ihnen gegenüber in früheren Jahren sexualisierte Gewalt ausgeübt zu haben. Zwei der Männer gehören dem Wiesbadener Kreisverband der Linken an. „Der Spiegel“ hatte im April die Affäre ins Rollen gebracht. Der Wiesbadener Kreisverband hat sich seitdem innerparteiliche Strukturen gegeben, die sexualisierte Übergriffe vermeiden sollen.
Von Massenbach hatte nach eigener Aussage seine Stelle in der Rathausfraktion im Juni 2021 angetreten. Deshalb könne er „zu den erhobenen Vorwürfen inhaltlich keine direkte Stellung beziehen“, sagt er. Er habe aber keinen Grund, an der Richtigkeit der Aussagen der Opfer zu zweifeln. Dass er erst so spät seine Kündigungsgründe veröffentliche, sei ein Fehler gewesen.
Der Fraktionsvorsitzende Ingo von Seemen weist die Einschätzung, die Partei ignoriere die Vorwürfe, zurück. „Wir nehmen sie sehr ernst und haben Schritte unternommen, um sexualisierte Gewalt zu verhindern“, erläutert er auf Anfrage.
Die Linke befindet sich mit Grünen, SPD und Volt in Gesprächen über eine Zusammenarbeit in der Stadtverordnetenversammlung. Ursprünglich war eine Koalition der vier Partner geplant gewesen. Die Fraktion Volt hatte die Gespräche über eine Koalition wegen fehlenden Vertrauens jedoch Anfang Juni abgebrochen, wobei auch die „Metoo“-Affäre eine Rolle gespielt hatte. Aktuell befinden sich die vier Fraktionen in der Endphase der Verhandlungen über eine weniger feste Zusammenarbeit. Die Stellungnahme von Massenbach werde in Partei- und Fraktionsspitze bewertet werden, teilt Volt-Sprecher Thomas Zimmerling mit. Da es sich aber nicht um neue Vorwürfe handele, sehe er keinen „aktuellen Handlungsbedarf“, der der Bildung einer Kooperation im Wege stehen könnte.