Lastwagen von der Wiesbadener Salzbachtalbrücke geholt

Autokran hebt das teure Spezialgerät in Wiesbaden herunter. Vorbereitungen für Sprengung laufen.
Behutsam ziehen die Stahlseile an, langsam heben sie den Lastwagen in die Höhe. Das ist ein entscheidender Moment. Hält die marode Salzbachtalbrücke die geänderte Lastenverteilung aus? Spezialgeräte zwischen Hilfsstützpfeilern und Brückenbau würden Bewegungen sofort registrieren. Mehrere Fachleute beobachten am Mittwoch den Vorgang mit Argusaugen. Nichts tut sich. Aufatmen. Der Südteil der Salzbachtalbrücke hält stand! Das Bauwerk war ausreichend stabilisiert worden, seitdem im Juni ein Pfeiler abknickte, was den Brückenüberbau um einen halben Meter seitlich verschob.
Jetzt kann der 330 Tonnen schwere Kran mit seinem 80 Meter langen Teleskopausleger das Brückenuntersichtgerät, das seitdem auf der Brücke steht, herunterholen. Arbeiter, die auf der Nordbrücke auf die Erlaubnis zum Betreten der Südbrücke gewartet hatten, dirigieren mit Führungsseilen das 32 Tonnen schwere Fahrzeug über das Geländer. Im Schneckentempo tragen die Seile das Fahrzeug viele Meter in die Tiefe und setzen es sachte auf den dafür vorgesehenen Stahlplatten auf.
Die Havarie
Die Salzbachtalbrücke sollte wegen gravierender Mängel ohnehin neu gebaut werden. Der Südteil war bereits für den Verkehr gesperrt, der Verkehr der darüberlaufenden A66 wurde über den Nordteil geführt. Der Südteil der Brücke sollte bald abgetragen, um den Neubau zu errichten.
Die Sperrung erfolgte, nachdem am 18. Juni Steine herabgefallen und Risse im Beton entdeckt worden waren. Pfeiler und der Überbau hatten sich verschoben. Kurz darauf teilte die Autobahngesellschaft des Bundes mit, dass die Brücke gesprengt werden muss .
Gutachten von vier Spezialisten ergeben, dass das Schadensereignis nicht vorhersehbar war und die für den Abriss und Neubau beauftragten Unternehmen keine Schuld trifft. Ursache war, dass zwei Rollenlager in einem Pfeiler zusammenbrachen. Das 1963 erstellte Bauwerk sei einfach zu alt gewesen.
Joachim Nießner würde am liebsten einen Luftsprung machen. Der Geschäftsführer des Unternehmens Wemo-Tec ist erleichtert, dass das 700 000 Euro teure Fahrzeug heil am Boden angekommen ist. Das Unternehmen, dessen Geschäft die Vermietung von Spezialgeräten ist, hatte das Brückenuntersichtgerät, eine Sonderanfertigung, erst Ostern gekauft.
Arbeiter hatten es an jenem Freitag nach Feierabend dort stehen lassen, um am Montag mit der Kontrolle am Bauwerk fortzufahren. Dazu kam es nicht. Nach dem Teilzusammenbruch der Südbrücke an jenem Abend wurde die Brücke, über die die Autobahn 66 führt, und die darunter verlaufenden Straßen und Bahngleise gesperrt. Lange sah es so aus, als müsste der Lastwagen mit der Brücke in die Luft gesprengt werden, weil es zu gefährlich wäre, ihn herunterzuholen. Zahlreiche Personen aus ganz Deutschland hatten sich bei der zuständigen Autobahngesellschaft des Bundes angeboten, das Spezialgerät von der Brücke zu fahren. Die Autobahngesellschaft lehnte dankend ab. Jetzt können Nemo-Tec-Mitarbeiter das Spezialgerät zum Firmensitz nach Eichenzell bringen. Nießner sagt, das Fahrzeug würde noch funktionieren.
Auch Matthias Achauer, bei der Autobahngesellschaft verantwortlich für Brückenbau und Bauwerksmanagement, und Manfred Lengert, Bauführer beim Bauunternehmen Porr und Plauen, sind erleichtert, dass das Sicherheitskonzept für die Aktion funktioniert hat.
Die Vorbereitungen für die Sprengung der Salzbachtalbrücke Ende Oktober oder Anfang November laufen. An den Pfeilern sind Markierungen für die Bohrlöcher zu sehen, in die der Sprengstoff gefüllt werden soll. Die Sprengschutzmatten liegen bereit. Sie werden über die gefüllten Bohrlöcher gehängt, um Streuflug zu verhindern. Der Asphalt auf der Nordbrücke wurde schon abgetragen, um ihn zu entsorgen. 14 Stahlrohre werden demnächst auf einer Strecke von 70 Metern in mehreren Lagen in den Salzbach gelegt, um während der Sprengung seinen Abfluss auch bei starkem Regen zu gewährleisten.