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Kein Abschuss von Nilgänsen in Wiesbaden

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Von: Madeleine Reckmann

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Die Nilgänse vermehren sich im Kurpark stark.
Die Nilgänse vermehren sich im Kurpark stark. © Michael Schick

Vogelschutzgesellschaft und Umweltamt sprechen sich gegen die Jagd in der Innenstadt aus. Im Ortsbeirat Mitte sind die Vögel wieder Thema.

Über die vielen positiven Rückmeldungen auf seinen Vorschlag, Nilgänse vereinzelt im Kurpark schießen zu lassen, ist Oliver Weirich selbst überrascht. 85 Prozent der Emojis auf seine Facebookeinträge signalisierten Zustimmung, sagt der Biologe und Vogelexperte. Die FR berichtete, dass Weirich die „letale Vergrämung“ von Nilgänsen in der Stadt für gerechtfertigt hält, weil die Menschen ihren Kot in den Parks als störend empfinden und er sie in ihrem Freizeitverhalten beeinträchtigt. Der 45-Jährige, der die Vögel über Jahre beobachtet hatte und sich in der Fachwelt einen Namen als Nilgansexperte machte, richtete sich auf einen ‚Shitstorm‘ ein – der blieb aber aus.

Grundsätzlich gegen die Jagd von Vögeln

Fachorganisationen sehen Weirichs Vorschlag indes kritisch. „Wir sind grundsätzlich gegen eine Jagd auf Vögel“, sagt Tobias Reiners, Vorsitzender der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), in der Weirich ehrenamtlich mitarbeitet. Auch das städtische Umweltamt hält nichts von Abschüssen – aus Sicherheitsgründen. Die Untere Jagdbehörde sieht sich nicht zuständig.

Mehr Lebensraum für Tiere

Seitdem Weirich seine Haltung öffentlich machte, tritt er für die HGON nicht mehr als Ansprechpartner für Nilgänse auf. Es habe keinen Streit gegeben, aber „fachliche Meinungsverschiedenheiten“, begründet Reiners den Schritt, Weirich nicht mehr mit der Aufgabe zu betrauen, „wir haben uns geeinigt“. Weirich werde indes weiterhin HGON-Arbeitskreisleiter für Wiesbaden sein, da er als Naturschützer und Vogelfachmann geschätzt sei. Die Vogelschutzorganisation plädiert dafür, Tieren, auch der Nilgans, in den Städten mehr Lebensraum zu geben. Reiners befürchtet, die Jagd auf Nilgänse könne später auch Abschüsse anderer Vögel zur Folge haben, was aus seiner Sicht unbedingt zu vermeiden sei.

Park öfter reinigen

Eine Vertreibung führe nur dazu, dass sich die Tiere woanders niederließen und dort die gleichen Probleme verursachten. Störe der Kot, müsse die Stadt die Flächen eben öfter reinigen, so Reiners. Kinder bräuchten andere Plätze zum Fußballspielen, wenn dies im Park aufgrund des Vogeldrecks nicht möglich sei. Außerdem müsse das Fütterungsverbot stärker geahndet werden, das Futter locke die Nilgänse unnötig an. Von der Stadt wünsche er sich mehr Kreativität und Engagement für Lösungen.

Fütterungsverbot durchsetzen

Im Wesentlichen schließen sich die Umwelt- und Grünflächenämter der Haltung des HGON an. Das Fütterungsverbot solle in Grünanlagen besser durchgesetzt und die geregelte Bejagung außerhalb der Stadt fortgeführt werden, bevor auch nur über eine Jagd nachgedacht werde, teilen die Ämter auf Anfrage mit. Für die Frage, ob die Jagd rechtlich möglich sei, erklärt sich das Umweltamt allerdings nicht für zuständig und verweist auf die Untere Jagdbehörde.

Zugang zum Weiher erschweren

Dennoch werde Weirichs Empfehlung aufgegriffen, den Nilgänsen den Zugang zum Dietenmühlweiher zu erschweren. Ein Wiesenstreifen um den Weiher solle nicht gemäht werden, heißt es. Obwohl die Wasserbecken regelmäßig gereinigt und Rasenflächen je nach Parkanlage ein- oder zweimal wöchentlich gemäht würden, soll in der Sommersaison am Warmen Damm und an den Reisinger-Anlagen noch häufiger der Kot entfernt werden, heißt es.

Jagd in der Stadt ist gefährlich

Die Untere Jagdbehörde teilt mit, dass sie nur „bei einer unmittelbaren Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Innenstadt mit einer Schussabgabe tätig“ werden könne. Diese Gefährdung werde durch zuständigen Behörden, unter anderem dem Umweltamt, festgestellt. Der Sprecher zweifelt zudem an, dass im Park geschossen werden könne, ohne Menschen zu gefährden und Tiere aufzuscheuchen.

Konflikte haben zugenommen

Bei so viel Gegenwind auf Weirichs Vorstoß wird es wohl bei der hohen Zahl an Nilgänsen im Kurpark bleiben. 200 Vögel hatte der Vogelexperte im Sommer gezählt, 50 hält er für vertretbar. Ob sich die Bürger:innen mit der Menge an Nilgänsen anfreunden, bleibt abzuwarten. Guido Haas, Ortsvorsteher von Wiesbaden-Mitte, berichtet davon, dass die Nilgänse immer wieder Anlass für Beschwerden seien. „Die Konflikte sind objektiv vorhanden und sie haben zugenommen“, sagt er der FR. Auch jetzt steht das Nilgans-Problem wieder auf der Tagesordnung der Ortsbeiratssitzung.

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