In Wiesbaden wird ein Fischaufstieg für Lachs und Forelle gebaut

Am Main-Kraftwerk Kostheim entsteht ein 150 Meter langer Kanal mit starker Strömung für die Tiere. Der Fischabstieg muss später kommen.
Damit auch Lachse, Forellen und Zander den Main flussaufwärts schwimmen können, baut die WKW-Staustufe-Kostheim-Gesellschaft einen neuen Fischaufstieg. Bislang stoßen die über 25 Zentimeter langen Fische, die es ihrer Natur entsprechend zur starken Strömung drängt, geradewegs auf die Turbinen des Main-Wasserkraftwerks (WKW), wo viele qualvoll verenden. Eigentlich hätte schon vor vier Jahren Baubeginn für den Fischaufstieg sein sollen. In diesen Tagen werde wirklich angefangen, teilt die SWU-Energie-Gesellschaft mit, die Muttergesellschaft der WKW. Der vorhandene, 2010 gebaute Aufstieg ist für die schwimmstarken Fische nicht geeignet. Die kleinen Fische aber wie Rapfen, Rotauge, Flussbarsch und Schleie können mit ihm gut das Hindernis überwinden.
Kraftwerk und Fischaufstieg
Das Wasserkraftwerk Kostheim ist seit Oktober 2009 in Betrieb. Die Anlage nutzt das Gefälle an der 1934 erbauten Mainstaustufe Kostheim. Jährlich werden 13,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, womit laut Unternehmensangaben 5500 Haushalte versorgt werden können. Rund 13 000 Tonnen Kohlendioxid werden dadurch im Jahr vermieden.
Betrieben wird das Wasserkraftwerk von der WKW Staustufe Kostheim. Die SWU Energie Gesellschaft Ulm hält die Hälfte der Anteile daran.
Die Anlage für den Aufstieg der großen Fische kostet rund 4,8 Millionen Euro. Davon zahlt der Bund 65 Prozent. Den Rest trägt die WKW.
Während der Bauzeit ist der Übergang zwischen Hochheim und Schleuse gesperrt.
Die Kraftwerksbetreiber gingen ursprünglich davon aus, dass mit dem bestehenden Aufstieg 90 Prozent der Fische den Aufstieg schaffen. Tatsächlich liegt die Mortalitätsrate bei Auf- und Abstieg bei 50 Prozent.
Auch ein Abstieg ist nötig
Warum der neue Fischaufstieg so lange auf sich warten lässt, erklärt sich durch seinen komplexen Aufbau. Die Pläne für das große Bauwerk waren auf Wunsch des Bundes, der sich an den Kosten beteiligt, und des Wasserstraßen-Neubauamts noch einmal erweitert worden. Das System besteht aus zwei Teilen, beide von enormen Ausmaßen, einem Raugerinne und einem Dotationskanal, der einen turbinennahen Einstieg ermöglicht. Das Unternehmen berichtet von einem 150 Meter langen und acht Meter tiefen Kanal, durch den das Wasser so kräftig rauscht wie in einem Fluss. Über ein hydraulisches System wird die Strömungsgeschwindigkeit selbst bei Niedrigwasser konstant gehalten. Dorthin gelangen die Fische über einen 40 Meter langen Kanal, der zwei Meter breit und fünf Meter tief ist.
Mit dem Fischaufstieg hat die WKW nur die Hälfte des Wegs geschafft. Die Fische müssen ja auch wieder zurückschwimmen können. Das Unternehmen ist verpflichtet, auch einen Abstieg für die Tiere zu bauen. Dies scheint ein schwieriges und teures Unterfangen zu sein. „Einen Stand der Technik gibt es für derartige Anlagen noch nicht“, teilt die SWU auf Anfrage mit. Der Fischschutz werde im Regelbetrieb durch ein Turbinenmanagement, das in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium (RP) erarbeitet worden sei, gewährleistet. Das bedeutet, dass den Fischen phasenweise der Weg frei gemacht werde. Wie ein adäquater Fischabstieg technisch aussehen könnte, wird laut der SWU gerade untersucht. Das RP betont auf Anfrage, dass „die Genehmigung des Weiterbetriebs der Anlage nach Fristablauf des gültigen Bescheids … nur mit einer funktionierenden Fischabstiegsanlage möglich“ sei. Die SWU bestreitet aber den Zusammenhang zwischen Betriebsgenehmigung und Fischabstieg. Die Frist läuft ihr zufolge 2032 aus. Bis dahin fließt noch viel Wasser den Main hinunter – und es könnte ein Fischabstiegssystem gebaut worden sein.