Hessen: Mehr Online-Spiele in Pandemie

Lotto Hessen steigert seinen Digital-Umsatz auf 116 Millionen Euro und will ihn weiter ausbauen. Kritik kommt von Suchtexpert:innen.
Lotto Hessen hat 2021 mit seinen Lotterien, Wetten und anderen Glücksspielen 732 Millionen Euro umgesetzt. Im Rekordjahr 2020 waren es 2,7 Millionen Euro mehr, allerdings bei 53 statt 52 abgerechneten Wochen. Das teilte die Lotteriegesellschaft bei ihrer Jahrespressekonferenz am Dienstag in Wiesbaden mit.
Heinz-Georg Sundermann, Geschäftsführer der Lotto Hessen GmbH, sprach von einem „sehr guten Ergebnis“, das auf einer Basis von 52 Wochen ein Plus von 1,8 Prozent gegenüber 2020 bedeute. Die Gesamtgewinnsumme 2021 bezifferte er auf 453 Millionen Euro, die Zahl der Lotto-Millionäre auf 19, so viele wie nie.
Das Beteiligungsunternehmen des Landes Hessen ist gesetzlich verpflichtet, dem Gemeinwesen Geld zur Verfügung zu stellen. 2021 flossen den Angaben zufolge 143 Millionen Euro etwa in Sport, Kultur, Umwelt und soziale Projekte. Hinzu kämen 121 Millionen Euro Wett- und Lotteriesteuer.
Auffällig ist der Zuwachs bei den Online-Angeboten, dem digitalen Los, aber auch sogenannten E-Games. Beim Online-Shop und der App des Unternehmens stieg der Umsatz von 111 auf 116 Millionen Euro. Sundermann begründete dies vor allem mit einem „veränderten Konsumverhalten“ während der Corona-Pandemie.
Lotto Hessen hat sein Digital-Geschäft aber auch selbst erweitert. Allein 2021 wurden 13 neue E-Games eingeführt. Und der Ausbau im Online-Bereich soll weitergehen: Sundermann erinnerte an den im Juli 2021 in Kraft getretenen, neuen Glücksspielstaatsvertrag, der unter anderem auch virtuelle Automatenspiele, Online-Poker sowie Online-Casinospiele erlaubt und Regeln dafür aufstellt.
Lotto Hessen werde diese „Zukunftsfelder“ besetzen und damit zum „Vollsortimenter“, so Sundermann. Kritik wies das Unternehmen zurück: Das sogenannte schnelle Spiel, eine „längst vorhandene“ Möglichkeit, werde damit „endlich aus seinem in Deutschland geschätzt 30 Milliarden Euro schweren Schwarzmarkt in geregelte Bahnen geführt“, sagte Sundermann. Eine Alternative zu vielen Angeboten im Ausland, die nicht reguliert würden, sei notwendig. Eine Reihe von Maßnahmen schütze die Spieler:innen. Die Anbindung an das länderübergreifende Glücksspielauswertungssystem Lugas zum Beispiel verhindere paralleles Spielen bei mehreren Anbietern.
Hessische Suchtexpert:innen haben gegenüber der FR das Vorgehen von Lotto Hessen scharf kritisiert, besonders bei den Online-Angeboten: Spiele mit schneller Frequenz hätten ein besonders hohes Suchtpotenzial. Darüber hinaus entfalle die soziale Kontrolle in der digitalen Welt so gut wie vollständig. Grundsätzlich gelte: Je größer die Verfügbarkeit, desto höher die Gefahr, süchtig zu werden.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Hessische Landesstelle für Suchtfragen die etwa im Glücksspielstaatsvertrag festgehaltenen Regeln mit deutlichen Worten bemängelt: So sei zum Beispiel das Limit von 1000 Euro pro Monat viel zu hoch. Zudem sei fraglich, ob wirksam kontrolliert werde, auch weil die Bundesglücksspielbehörde erst 2023 arbeitsfähig sein soll.
An der Spitze von Lotto Hessen steht derweil ein Wechsel an: Martin Blach, Vorstandschef der Stiftung Kloster Eberbach, folgt am 1. Juli auf Sundermann, der nach 20 Jahren in Ruhestand geht. Laut Finanzstaatssekretär und Lotto-Aufsichtsratschef Martin Worms sei die Wahl auf Blach auch aufgrund dessen „unternehmerischer Führungserfahrung“ gefallen. Blach habe das Kloster für ein breites Publikum geöffnet und dafür gesorgt, dass es sich wirtschaftlich selbst trage.