Gegen mehr Kameras in Wiesbaden

Kooperation im Rathaus erteilt dem Wunsch der CDU nach mehr Videoüberwachung eine Absage. Zunächst sollen die polizeilichen Daten ausgewertet werden.
Bürgermeister Oliver Franz (CDU) argumentiert gerne mit den Ermittlungsergebnissen, die durch die Videoüberwachung zustande kommen. In der Tat waren im vergangenen Jahr 135 Tatverdächtige in Wiesbaden festgestellt worden. Polizeibeamte hatten die Bilder der 75 Kameras am Platz der Deutschen Einheit und seinen Nebenstraßen und am Hauptbahnhof einschließlich der Zuwege zum Schlachthofgelände ausgewertet.
Besserer Schutz für Frauen verlangt
Die CDU und die Fraktion BLW/ULW/BIG möchten jetzt die Videoüberwachung ausweiten. CDU-Stadtverordnete Myriam Schilderoth begründet das mit dem besseren Schutz für Frauen. Die Kooperation im Wiesbadener Rathaus aus Grünen, SPD, Linken und Volt überzeugt das aber nicht. Denn ob die Videoüberwachung Kriminalität wirklich verhindert oder nur verlagert, ist strittig. Das musste Franz in der Stadtverordnetenversammlung auch zugeben. Aber bestimmte Räume wie Busumsteigestationen würden sicherer werden, versichert der Bürgermeister.
Eingriff in Persönlichkeitsrechte
„Jede Kamera ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte“, formuliert die sicherheitspolitische Sprecherin der SPD, Susanne Hoffmann-Fessner ihre Bedenken. Deshalb müssten die Städte auch alle zwei Jahre überprüfen, ob die Kameras noch notwendig seien. Ein entsprechender Auftrag ergibt sich aus dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Hoffmann-Fessner verweist auch auf den Hessischen Richterbund und den Hessischen Städtetag, die die Videoüberwachung nur eingeschränkt für sinnvoll erachten. Lediglich die Verbrechensaufklärung verbessere sich durch die Kameras.
Gestörtes Miteinander
Die Kooperation setzte daher durch, die Evaluationen für alle öffentlichen und fest installierten Videoanlagen vorgelegt zu bekommen. Nur wenn die Sicherheitsbehörden Daten präsentierten, aus denen neue Kriminalitätsschwerpunkte zu erkennen seien, könnten weitere Kameras genehmigt werden, heißt es in dem mehrheitlich verabschiedeten Antrag. Und dann auch nur nach einer Diskussion mit den Einrichtungen in der Nachbarschaft. Mechthilde Coigné (Linke) gab zu bedenken, dass sich die organisierte Kriminalität seit der Installation der Videoüberwachung 2020 nur andere Orte suche. Daniel Weber (Volt) verwies auf die gesunkene Verbrechensrate in Wiesbaden. „Das erhöhte Risikogefühl ist das Resultat eines gestörten Miteinanders“, sagte er. Das Jugendparlament plädierte gegen zusätzliche Kameras aber für mehr Polizeipräsenz. Der Seniorenbeirat ist der Ansicht, dass die Überwachung die Stadt sicherer mache.
Recht auf körperliche Unversehrtheit
Die Entscheidung gegen mehr Kameras konnten die CDU und kleinere Fraktionen nicht verstehen. Christian Hill (Pro Auto) sprach von „dem Recht auf körperliche Unversehrtheit“ und der Pflicht des Staates, die Menschen zu schützen. CDU-Fraktionschefin Daniela Georgi sagte, die Kooperation verwehre sich einem „sinnvollen Aufklärungs- und Schutzmechanismus“.