Ein giftiger Rest bleibt im Boden der Wiesbadener US-Airbase

Die PFAS-Verseuchung lässt sich nicht komplett entfernen. Trotz begonnener Sanierung sind die Werte der Chemikalien sehr hoch. Doch es gibt auch Lichtblicke.
Es ist eine Aufgabe für viele Jahre, die giftigen Substanzen aus dem Boden in der Lucius-D.-Clay-Kaserne in Wiesbaden zu entfernen - oder zumindest ihre Werte zu minimieren. Seit 2009 ist bekannt, dass sich erhebliche Mengen per- und polyflourierte Akrylsubstanzen (PFAS) im Boden der Airbase befinden. Obwohl bereits damit begonnen wurde, teilweise verseuchten Boden abzutransportieren, bewegen sich die Werte auf dem Army-Gelände heute noch immer auf einem beunruhigend hohen Niveau. Im Grundwasser rund um die beiden Schadensherde lägen sie im Bereich von einigen tausend bis hunderttausend Nanogramm pro Liter, teilt Matthias Schaider vom Regierungspräsidium Darmstadt (RP) der FR mit. Der Geringfügigkeitschwellenwert, der kein Grenzwert ist, aber „hinweisenden Charakter“ für das Grundwasser haben soll, beträgt 0,1 bis 3 Nanogramm.
Die „Vorläufige Leitlinie“ zum Umgang mit PFAS-haltigen Böden, die das RP mit der US-Army entwickelte, sieht vor, Böden mit hoher PFAS-Konzentration auszubaggern und zu entfernen, andere durch Versiegelung zu sichern. Trotz moderner Techniken sei es jedoch „unvermeidlich, dass noch ein (möglichst kleiner) Rest an Schadstoffen im Boden verbleibt“, schreibt das RP, das die Sanierung zu betreuen und zu kontrollieren hat, der FR.
Die Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zu den PFAS-Chemikalien im Boden und im Grundwasser lenken die Aufmerksamkeit wieder auf die Situation auf der Airbase. Sie gehört laut NDR, WDR und SZ zu den 1500 Orten in Deutschland mit PFAS-Belastungen. Experten definieren die Substanzen als gefährlich für Mensch und Natur. Das Schlimmste ist, sie bauen sich nicht selbstständig ab. Auf der Airbase gelangten sie im Wesentlichen über Löschschäume in den Boden. Die Sanierungskosten trägt die US-Army. Die gute Nachricht ist, dass sich außerhalb der Air-Base die Belastungen „in einem unkritischen Bereich bewegen“. Messungen des RP zeigen, dass das belastete Wasser in Richtung Süden und Südwesten fließt und sich die Schadstoffe jenseits des Zauns auf weniger als ein Mikrogramm pro Liter verdünnen, also weniger als tausend Nanogramm.
Die giftigen Substanzen
Per- und polyflourierte Akrylsubstanzen (PFAS) sind auch bekannt als per- und polyflourierte Chemikalien (PFC) oder perflourierte Tenside ( PFT).
Die Stoffgruppe umfasst mehr als 1000 verschiedene Einzelsubstanzen. In der Natur kommen sie nicht vor. Sie werden für Mensch und Natur als giftig eingestuft.
Für das Grundwasser hat eine Arbeitsgruppe der Bundesländer 13 PFAS als Priorität benannt. Für die auf der Airbase angetroffenen Stoffe gelten Geringfügigkeitsschwellenwerte bzw. gesundheitliche Orientierungswerte zwischen 0,1 und 3 Nanogramm.
Die PFAS-Stoffe sind in Kunststoffen wie Pfannen, Outdoorjacken, Kosmetika und früher auch in Löschschäumen enthalten. mre
Parkplatz über dem Gift
Auf der Area 11 im nordwestlichen Teil der Startbahn befand sich früher ein Lager- und Schrottplatz für Abfallprodukte, wo gelegentlich auch Altöl verbrannt wurde. Dort müssen die Substanzen in den Boden gesickert sein. Die Area 11 wurde erst 2021 als Schadensherd identifiziert, der kleinräumiger ist als in der Area 12. Wie die Gifte zu entfernen sind, sollen weitere Untersuchungen zeigen.
Die Area 12 ist ein ehemaliger Löschübungsplatz im Nordosten der Startbahn, der Spitzenwerte aufweist. Ursache für die Verseuchung ist der Löschschaum, den die Feuerwehr der US-Airbase für ihre Übungen nutzte. Löschschaum enthält einige der PFAS-Stoffe. Die Sanierung erfolgt mit dem Bau einer Kfz-Werkstatt (Auto-Skill-Center), wofür vergifteter Boden ausgehoben und entsorgt wird.
Zudem wird eine 0,4 Hektar große Fläche zum Parkplatz umgebaut, der Boden also versiegelt. Davon erhoffen sich die Fachleute, dass die Substanzen im Boden verharren und der Regen sie in geringerem Maße auswäscht. Darüber hinaus werden große Mengen Grundwasser gefördert und gereinigt, das RP spricht von 78 000 Kubikmetern. Die Army plane weitere Sanierungen, so Schaider. In Planung ist auch ein mehrstufiges Monitoring, um zu verstehen, wie Regenwasser die Stoffe aufnimmt. Aufbereitungsanlagen, die das Wasser reinigen und das belastete Wasser in Drainagen entfernen, sollen das verhindern. Das Projekt befinde sich laut Schaider in der Planungs- und Genehmigungsphase.