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Wiesbaden
Kampf um Erhalt aller AWO-Einrichtungen
- vonMadeleine Reckmannschließen
- Diana Unkartschließen
Derzeit werden in Wiesbaden mehrere Optionen geprüft. Die Arbeitsplätze sollen erhalten werden.
Medienberichte, der insolvente Wiesbadener Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wolle seine neun Kindertagesstätten und zwei Pflegeheime verkaufen, haben für Verunsicherung unter Eltern, Angehörigen und den Mitarbeiter:innen gesorgt. Der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Hessenauer sagte der FR, der Verband beabsichtige weder, Kitas und Heime zu verkaufen, noch solle der Kreisverband zerschlagen werden.
Das Verfahren
Der Zeitpunkt des Interessenbekundungsverfahrens wundert Professor Peter von Wilmowsky, Insolvenzrechtsexperte an der Goethe-Uni.
Im Eröffnungsverfahren, also in der Zeit zwischen dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei die vorläufige Insolvenzverwaltung darauf beschränkt, das Vermögen zu sichten und zu erhalten. Der AWO-Kreisverband befindet sich derzeit im Eröffnungsverfahren.
Eine Verwertung des Unternehmens, wie es beispielsweise ein Verkauf wäre, sei dagegen dem eröffneten Insolvenzverfahren vorbehalten und liege dort in der Zuständigkeit der Gläubiger.
Neben dem Verkauf gibt es noch zwei weitere Optionen der Verwertung: Die Stilllegung des gesamten Unternehmens beziehungsweise von Teilbereichen oder die Fortführung in der bisherigen Trägerschaft. diu
Bei dem Vorgang handele es sich um ein bei einer Insolvenz übliches Interessenbekundungsverfahren. Es gehe darum, mehrere Optionen zu prüfen. „Wir möchten weder die Immobilien verkaufen noch den Betrieb aufgeben. Unser Bestreben ist es, den Verband in unverändertem Zustand fortzuführen. Dafür brauchen wir aber die Mitwirkung der Gläubiger.“ Das Geschäftsmodell von Verkauf und Rückmietung werde keinesfalls verfolgt. Der Insolvenzplan müsse spätestens drei Monate nach der Anmeldung der Insolvenz stehen, das sei am 1. Februar. Ähnlich äußerte sich Jan Markus Plathner, den das Amtsgericht zum vorläufigen Sachwalter bestellt hat: Im Zuge der Sanierung würden verschiedene Lösungen mit Blick auf die betriebliche Weiterführung geprüft. „Ziel aller Beteiligten ist es, den Betrieb des AWO Kreisverbandes Wiesbaden zu sanieren und eine größtmögliche Zahl der Arbeitsplätze zu erhalten, um den Betrieb der Einrichtungen des Kreisverbandes zu sichern.“ In einer Stellungnahme von AWO-Vorstand und AWO-Geschäftsführung wird das Vorgehen präzisiert. Der Gläubigerausschuss habe entschieden, das Sanierungsverfahren in zwei Richtungen zu verfolgen: Geprüft werde zum einen die Fortführung aller Einrichtungen durch den Kreisverband, zum anderen der Verkauf einzelner oder aller Einrichtungen. Der Kreisverband war Ende November zahlungsunfähig geworden und hatte Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt.
„Wir gehen davon aus, dass die Arbeiterwohlfahrt als Träger von Einrichtungen in Wiesbaden zuvorderst die Stadt informieren würde, sollte sich die Option eines Verkaufs – oder eine Weitergabe von Einrichtungen – konkretisieren“, sagte ein Sprecher der Stadt. Sie finanziert den Betrieb der Kindertagesstätten mit. Die Krise der Arbeiterwohlfahrt in Wiesbaden dauert nun schon seit mehr als einem Jahr an. Seitdem sind die AWO-Kreisverbände Wiesbaden und Frankfurt in den Schlagzeilen. Es geht unter anderem um Scheinarbeitsverhältnisse, teure Dienstwagen und überhöhte Gehälter leitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen beide Verbände und mehrere Beschuldigte, darunter die ehemalige Geschäftsführerin des Wiesbadener Kreisverbandes, Hannelore Richter. Hessenauer hatte den Schritt, Insolvenzantrag zu stellen, mit jahrelangem Missmanagement im Kreisverband begründet.
In den vergangenen Wochen hatte sich die AWO-Führung vorsichtig optimistisch gezeigt und von einem Neuanfang gesprochen. Auf den hofft auch Verdi-Gewerkschaftssekretär Stefan Röhrhoff. Bislang, sagt er, habe er nicht den Eindruck gehabt, dass es um eine Abwicklung des Wiesbadener Kreisverbandes gehe. „Wir wollen, dass die AWO bestehen bleibt und sind zu Gesprächen bereit.“ Die sind für die kommenden Wochen geplant. Thema werde unter anderem ein Notlagentarifvertrag sein.