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Auf der Suche nach einem Beruf

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Auf der IHK-Bildungsmesse suchen Unternehmen künftige Fachkräfte auch mal mit einem Tischkicker.
Auf der IHK-Bildungsmesse suchen Unternehmen künftige Fachkräfte auch mal mit einem Tischkicker. © Rolf Oeser

Rege Nachfrage auf der IHK-Bildungsmesse. 121 Stände werben um künftig Fachkräfte.

Auf dem Tisch liegen Feilen, Schraubendreher und anderes Werkzeug, mit dem Marlon normalerweise arbeitet. Der 17-Jährige macht eine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik der Fachrichtung Konstruktionstechnik bei den Wiesbadener Jugendwerkstätten (WJW). Davon berichtet er anderen Jugendlichen auf der IHK-Bildungsmesse „Azubi- & Studientage“ im Rhein Main Congress Center (RMCC). Dass er einen handwerklichen Beruf ergreifen wollte, wusste er schon als Schüler. „Mein Hauptschulabschluss war aber nicht so gut, deshalb bekam ich erst einmal nur Absagen“, erzählt Marlon. Die Wiesbadener Jugendwerkstätten gaben ihm die Chance, ein Praktikum zu machen – und anschließend einen Ausbildungsvertrag. Im Dezember wird er fertig, später will er vielleicht noch die Meisterprüfung machen.

Das Interesse an der IHK-Bildungsmesse ist groß, laut Veranstalter sind bereits in der ersten Stunde 1500 Besucher:innen gekommen. 121 Aussteller, 50 mehr als im Vorjahr, werben dort um künftige Fachkräfte. „In diesem und den kommenden Jahren gehen jährlich etwa 400 000 mehr Mitarbeiter:innen in Rente, als junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen“, weiß Christian Gastl, Präsident der IHK Wiesbaden.

Unter den 324 staatlich anerkannten Ausbildungsberufen den richtigen für sich herauszufinden, fällt Jugendlichen nicht immer leicht. Viele Berufe kennen sie gar nicht oder haben falsche Vorstellungen davon. Das hat auch Arieta Mehaj-Hylaj vom Wiesbadener Antoniusheim Altenzentrum in Gesprächen auf der Messe festgestellt. Viele glauben „das Klischee, man landet in der Altenpflege, weil man sonst nichts kann“, sagt die Pflegedienstleiterin. Sie erläutert ihnen die generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft, die Aufstiegschancen und dass ein berufsbegleitendes Studium möglich ist.

Ein duales Studium mit dem Abschluss Diplom-Finanzwirt:in bieten die hessischen Finanzämter an. Allein das Finanzamt Wiesbaden hat 35 Plätze zu vergeben. Die 17-jährige Mira, die im nächsten Jahr das Fachabitur ablegt, lässt sich von Lukas Steioff die Aufgaben des Finanzamts und die Voraussetzungen für das Studium erläutern. Die Ausbildungsvergütung beträgt 1400 Euro brutto, es gibt eine Übernahmegarantie. Mira besucht die IHK-Bildungsmesse bereits zum zweiten Mal. „Voriges Jahr wusste ich noch gar nicht, was ich will“, sagt sie. Beim Zoll war sie schon, jetzt geht sie zum Stand der Polizei.

Gegenüber stellt Noah aus Limburg am Stand der Bundeswehr Hauptfeldwebel Liane Möller gezielt Fragen. So möchte er etwa wissen, ob es als Offizier auch möglich ist, bei der Bundeswehr eine Ausbildung zu absolvieren. Zudem erkundigt er sich nach Weiterbildungschancen und lässt sich Tipps geben, wie er sich für den Einstellungs- und den Fitnesstest vorbereitet. „Die Bundeswehr ist der beste Arbeitgeber, man wird sehr gefördert“, sagt der 17-Jährige. Klar, ein Auslandseinsatz könne gefährlich sein, aber das schreckt ihn nicht. Er möchte zur Marine.

Am Stand von ELW schauen sich zwei Jungen mit Virtual Reality-Brillen das Klärwerk an, ihre Schulkameradin Sophie wartet auf die beiden. Sie interessiert sich für die Berufe Veranstaltungskauffrau und Raumausstatterin und will noch ein Praktikum machen. Durch Praktika in einem Baumarkt und bei einem Elektroinstallateur fand sie heraus, dass ihr diese Branchen nicht liegen. Auch das ist wertvoll für die Berufsorientierung.

Im IHK-Bezirk Wiesbaden-Rheingau wurden 2022 über alle Ausbildungsjahre hinweg rund zehn Prozent der Verträge vorzeitig aufgelöst. „Das heißt aber nicht, dass die Ausbildung insgesamt abgebrochen wurde“, sagt Christine Lutz, Geschäftsführerin Bildung der IHK Wiesbaden. Viele Auszubildende wechseln auch die Firma oder den Ausbildungsberuf.

Praktika zu absolvieren, empfiehlt Marlon anderen Jugendlichen ebenfalls. Von den Unternehmen wiederum wünscht er sich, dass sie „auch Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen, aber keinen so guten Schulabschluss haben, eine Chance geben“. Ende 2022 waren bei der Arbeitsagentur Wiesbaden etwa 50 Jugendliche gemeldet, die bis dato noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten.

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