Wie Schutzmasken halfen – und wo nicht
Die FR beantwortet Fragen zur Wirksamkeit von Mund-Nasen-Bedeckungen
Wie hat die Mund-Nasen-Bedeckung geholfen?
Ein Team des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen zeigte in einer Studie 2021, dass es in Innenräumen bei drei Metern Abstand oft keine fünf Minuten dauere, bis sich eine ungeimpfte Person bei einem Erkrankten mit Corona ansteckt. Stehe man in der Atemluft des Infizierten, liege die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung bei nahezu 100 Prozent – wenn beide keine Maske tragen. Eine gut sitzende FFP2-Maske könne das Infektionsrisiko für rund 20 Minuten um bis zu 99,9 Prozent senken.
Nicht jede Studie kommt zum Schluss, dass die Maske hilft. Was ist richtig?
Von skeptischen Menschen wird am häufigsten die Cochrane-Studie ins Spiel gebracht. Diese analysierte 2022 insgesamt 78 Studien, darunter Arbeiten zum Influenza-Virus, zum Covid-Erreger Sars-CoV-2 oder zum schweren akuten respiratorischen Syndrom (Sars). Die Mehrzahl der Erhebungen beleuchtete klassische Hochsaisons für Atemwegsviren bis ins Jahr 2016, nicht die Corona-Pandemie.
Was ergab die Analyse?
Die Autorinnen und Autoren kamen zu dem Schluss, dass das Tragen von Masken in der Bevölkerung wahrscheinlich einen geringen oder gar keinen Einfluss auf das Auftreten von Erkrankungen wie Grippe und Corona hat. Dabei relativierten sie: „Das hohe Risiko von Verzerrungen, die Unterschiede bei der Messung der Ergebnisse und das relativ geringe Befolgen der Maßnahmen während der Untersuchungszeiträume machen es schwer, eindeutige Schlüsse zu ziehen.“ Sitzt die Maske also nicht richtig, bietet sie auch keinen Schutz.
Ist somit alles gut an den Masken?
Nein. Fast jede und jeder kann bestätigen, dass es unangenehm ist, die Maske lange zu tragen. Es kann zu Hautirritationen und Ausschlag kommen. Schon 2020 zeigte eine Untersuchung des Universitätsklinikums Leipzig, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes die körperliche Belastbarkeit gesunder Menschen vermindert. Anstrengende Arbeiten mit Maske fallen deutlich schwerer. Die Forschenden betonten, dass die Masken helfen, „aber wir zahlen halt einen Preis dafür“.
Wie sieht es mit der psychischen Belastung aus?
Eine Analyse unter anderem durch die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Helios Park-Klinikums Leipzig untersuchte 13 frühere Studien bis einschließlich Juli 2021. Das Gesamtverzerrungsrisiko in allen Primärstudien wurde als hoch eingeschätzt. Es ergaben sich Hinweise, dass die Fähigkeit zum Lesen der Mimik von Kindern und Jugendlichen und ihren Betreuer:innen im (Vor-)Schulsetting durch das Masketragen als beeinträchtigt erlebt wird. Zwei Studien berichteten über psychische Symptome wie Ängste oder Stresserleben sowie Konzentrations- und Lernschwierigkeiten durch das Masketragen während der Covid-19-Pandemie. Um wirklich Erkenntnisse daraus ableiten zu können, sei die Studienlage aber unzureichend.
Was berichten Menschen aus der Praxis?
Bei den praktischen Erfahrungen findet man Berichte über eine schlechtere Aussprache, die das Verstehen erschwerte. Frankfurter Streetworker berichten, dass es beispielsweise Obdachlosen mit psychischen Erkrankungen überhaupt schwer fiel, die Mund-Nasen-Bedeckungen längere Zeit zu tragen. Im Umgang mit Menschen mit Demenz sei die Maske ebenfalls hinderlich. Das bekräftigte auch das Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften 2021. Demnach sei durch die Gesichtsbedeckung die Fähigkeit beeinträchtigt, Gefühle, Absichten, Wünsche und Stimmungen des Gegenübers zu verstehen. Bei Menschen mit Demenz seien solche Fähigkeiten ohnehin schon verringert.
Sollten medizinische und pflegerische Einrichtungen von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und eine Maskenpflicht in ihren Gebäuden durchsetzen?
Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer sieht die Aufhebung der gesetzlichen Maskenpflicht als eine logische Konsequenz im Rahmen der vollständigen Rückkehr zur Normalität. Im Gespräch mit der FR erklärt er, dass die Parameter wie z. B. das Abwasser-Monitoring, die allgemeinen Daten des RKI zu Atemwegserkrankungen oder die Krankenhaus- und Intensivbetten-Belegungen auf eine entspannte Infektionslage hinweisen würden. „Eine Fortführung der allgemeinen Maskenpflicht im Rahmen des Hausrechts halte ich für zu streng, aber eine Aufforderung an symptomatische Patienten zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes halte ich für absolut gerechtfertigt.“
Wie geht es nun weiter?
Stürmer warnt davor, „die Hände in den Schoß zu legen und zuzuschauen, da wir nicht wissen, wie lange der Immunitäts-Zustand anhält“. Das gelte vor allem für die vulnerablen Gruppen. Hier werden vermutlich weitere Impfungen, gegebenenfalls mit angepassten Impfstoffen, notwendig sein, so der Virologe. Auch die Vermeidung von Long-Covid sollte weiterhin im Fokus stehen.
Zusammengestellt von Steven Micksch