Widerstand gegen Sparpläne

Großer Unmut in den Gremien / Jugendzentren leiden unter den Einsparungen
bad homburg - Die Bad Homburger Stadtspitze ist normalerweise nicht um salbungsvolle Worte verlegen, wenn es um Strategien, Visionen und Projekte geht. Derzeit ist die Kommunikation diesbezüglich einsilbig - wenn überhaupt. Und auch in der Politik ist es erstaunlich ruhig dafür, dass heute in zwei Wochen ein Haushaltsentwurf in die Gremien eingebracht wird, der das alltägliche Leben in der Stadt stark beeinflussen wird, weil der „Homburger Sonderweg“ in vielen Bereichen ein Sackgassenschild verpasst bekommt.
Die Vorwehen sind indes bereits spürbar - in Gesprächen, aber auch in den Gremien, wo bereits erste Beschlüsse getroffen werden sollen, um die Finanzsituation der Stadt zu verbessern.
So wird sich der Kultur- und Freizeitausschuss heute Abend mit einer vom Magistrat am Montag auf den Weg gebrachten „Änderung der Benutzerentgelte für die Stadtbibliothek“ befassen und über die Einführung einer jährlichen Nutzungsgebühr diskutieren. 12 Euro pro Jahr soll der Büchereiausweis künftig kosten - ausgenommen sind Jugendliche unter 16 Jahren, Asylbewerber und Inhaber des Bad-Homburg-Passes. Die Ausleihe selbst bleibt kostenlos, auch die Mahngebühr unangetastet. Lediglich Vorbestellungen sollen künftig 1 Euro statt wie bisher 50 Cent kosten. Durch die Neugestaltung der Benutzungsgebühren wird, so heißt es in der entsprechenden Vorlage, mit einem künftigen Umsatzerlös von 52 400 Euro im Haushaltsjahr 2023 und 52 500 Euro im Haushaltsjahr 2024 gerechnet. Auf diese Beträge kommt es mittlerweile an. Und die Stadtspitze versucht einzusparen, wo es geht - allerdings auch, ohne ein Gesamtkonzept zu erklären.
Beispiel Jugendzentren: Dass das Angebot im erst kürzlich mit viel Aufwand eingerichteten und sicher mehr als gelungenen Standort Ober-Erlenbach zum Jahreswechsel „aufgrund personeller Engpässe“ eingeschränkt wurde, stößt nicht nur im Stadtteil und im Ortsbeirat sauer auf. Zumal das Jugendzentrum in der ersten Version seiner Mitteilung noch geschrieben hatte, dass es die Einschränkung „wegen der in der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Stellenbesetzungssperre“ gebe.
Das war am Dienstagabend auch Thema im Jugend- und Sozialausschuss. Ober-Erlenbachs Ortsvorsteher Mertin Burk (parteilos) machte seinem Unmut bei der Bürgerfragestunde Luft. „An den wichtigsten Tagen für die Jugendlichen - Montag und Freitag - ist das JuZ jetzt geschlossen.“ Gerade bei der Jugend sollte man keine Mittel streichen, sondern eher investieren. Und er bekam Rückendeckung von der zuständigen Dezernentin Lucia Lewalter-Schoor (SPD). „So wie es jetzt ist, ist es für uns nicht zufriedenstellend“, sprach sie für ihren Fachbereich. Der habe denn auch einen Ausnahmeantrag gestellt, um trotz der Stellenbesetzungssperre tätig werden zu können. „Der Oberbürgermeister hat den jedoch abgelehnt. Da müssten Sie sich an ihn wenden - wir können nicht mehr machen“, wandte sie sich an Burk.
Mittlerweile werden auch erste große Brocken des Umbruchs öffentlich. So wird überlegt, ein ganzes Geschoss des Rathauses aufzugeben. Die Mitarbeiter könnten zusammenrücken oder teilweise aus dem Homeoffice heraus arbeiten. Das sei denn auch der Hauptgrund für die Prüfung, sagt Stadtsprecher Marc Kolbe auf Nachfrage.
Geschoss im Rathaus steht zur Debatte
In der Corona-Zeit habe man, wie etliche Firmen, viele Anreize für Homeoffice geschaffen, und auch künftig wird es eine Rolle spielen, so dass einige Büros nicht mehr benötigt würden. Man prüfe nun, was möglich sei. Dass eine solche Maßnahme auch finanzielle Auswirkungen habe, liege aber selbstverständlich auf der Hand. Spannend wird sein, wie es mit den prestigeträchtigen, aber auch teuren Projekten wie Kurhaus oder Wasserturm am Bahnhof weitergeht. Dabei wird das Murren über die Parteigrenzen hinweg lauter, wie am Montag im Ortsbeirat Kirdorf, aber auch schon zuvor in Ober-Erlenbach. In Kirdorf stand auf Initiative der BLB gar ein eigener Antrag auf der Tagesordnung: „Grundsätzliche Aussprache über Antworten der diversen Fachbereiche der Stadtverwaltung hinsichtlich Anfragen und Beschlüssen des Ortsbeirates Kirdorf“. Es sei, so hieß es darin, „dringend geboten, die, gerade zuletzt, eingegangenen Antworten der Fachbereiche zu betrachten und zu diskutieren und daraus resultierende Erkenntnisse festzuhalten und an den Magistrat zu kommunizieren“. Man bekomme, erläuterte Michael Blew (BLB) anhand mehrerer Beispiele, zwar Rückmeldungen zu den Anträgen und Anfragen, diese seien aber unbefriedigend. „Man hat fast den Eindruck, als gäbe es bald den Textbaustein: ,Ja, das Anliegen des Ortsbeirats ist sinnvoll, im Ergebnis ist jedoch festzuhalten, dass die schwierige finanzielle Lage der Stadt die Maßnahme nicht zulässt‘ “, so Blew. Dietmar Schäfer (CDU) pflichtete Blew bei. „Es kann nicht sein, dass alles abgelehnt wird, weil kein Geld da ist, da fühlt man sich verar. . .“ Das Gremium werde nicht ernstgenommen. So habe die Verwaltung bei der Frage nach einer anderen Linienführung für die 6 mitgeteilt, dass der Busbetreiber keinen Handlungsbedarf sehe. „Wir haben den Antrag formuliert, weil der Weißkreuzweg nicht für den Busverkehr geeignet ist. Auf den Inhalt geht keiner ein.“