Baumsterben im Bestattungswald

Rosbach - Anfang des Monats hat die Stadt Teilbereiche des Bestattungswaldes in Rodheim gesperrt. Zu groß sei die Gefahr, das Äste abgestorbener Bäume auf die Trauernden fallen. Betroffen sind der südliche und westliche Teil - einschließlich der Andachtsfläche, die für die vor Ort stattfindenden Trauerfeiern vorgesehen ist.
„Wir sehen die Sperrung ,auf unbestimmte Zeit‘ als trauerkulturell äußerst abträglich an“ schreibt die Arbeitsgemeinschaft (ArGe) der Friedhofsvereine aus Hamburg. Sie verweist auf das Anrecht von Angehörigen auf Zutritt zu den Gräbern. Das dürfe ihrer Meinung nach nur kurzfristig verwehrt werden. Man hätte rechtzeitig die kranken Äste beseitigen müssen. Zudem mahnt ArGe-Sprecher Andreas Morgenroth die „sorgfältige Pflege der Bestattungsbäume“ an, gegebenenfalls eine Bewässerung oder eine Limitierung der Urnenbeisetzungen pro Baum, um die Wurzeln zu schonen.
Bürgermeister Steffen Maar (parteilos) widerspricht dieser Darstellung. Weder mangelnde Pflege noch Versäumnisse bei der Bewässerung seien ursächlich für das Baumsterben gewesen, und auch beim Anlegen der Gräber seien keine Fehler gemacht worden. Zudem handele es sich um eine zeitlich begrenzte Maßnahme.
RUHESTÄTTE
Der Rosbacher Bestattungswald erfreut sich seit seiner Einrichtung im Herbst 2015 eines großen Zuspruchs. Er ist auf eine Nutzungsdauer von 99 Jahren ausgelegt, konkret also bis 2114. Hatte man bei seiner Einrichtung mit etwa 20 Beisetzungen jährlich gerechnet, so waren es tatsächlich rund 50 bis 60 pro Jahr, 2021 schnellte die Zahl sogar auf 116 hoch. Hinzukommen Vertragsabschlüsse zum Erwerb eines Nutzungsrechts, welches bereits zu Lebzeiten erworben werden kann. sky
Pro Baum sind bis zu acht Urnengräber vorgesehen. „Die Grabstellen werden so angelegt, dass keine Schädigung der Bäume, besonders der Hauptwurzeln, damit verbunden ist“, sagt der Umweltberater und ehemalige Revierförster Heinz Sill. Aber der Bestattungswald besteht überwiegend aus Buchen, und hier liegt das Problem. „Bei Buchen war in den letzten Jahren eine allgemeine Vitalitätsschwäche aufgrund von Wassermangel festzustellen“, erklärt Sill. In der Trockenheit hätten die Buchen weniger oder kleinere Blätter ausgebildet. Der Rückgang an Belaubungen einerseits und die wachsende Zahl an Sonnenstunden andererseits hätten an den Rinden regelrecht zu Sonnenbrand geführt, was dann ein weiteres Absterben der Baumkronen nach sich gezogen hätte - ein fataler Kreislauf, den man nicht beeinflussen könne. Ausgerechnet am Andachtsplatz seien die Schäden besonders hoch, denn hier wachsen fast nur Buchen, die teilweise 120 Jahre und älter sind. „Die Schäden sind also eine Folge der letzten heißen und trockenen Sommer, ihnen ist nicht vorzubeugen“, ergänzt Maar. Wegen der schnellen Zersetzung besonders von Buchenholz bedeute das Absterben der Bäume für Waldbesucher eine erhebliche Gefahr durch abgebrochene und herabfallende Äste. Die jetzt getroffenen Maßnahmen dienten allein der Sicherheit. Wie die Stadt am Donnerstag mitteilte, haben nun die Fällarbeiten begonnen. Es würden zuerst die kranken Bäume entlang der befestigten Wege mithilfe von Seilwinden gefällt. Schwere Maschinen hätten den noch nassen Boden zu sehr beschädigt. Müssten „Bestattungsbäume“ gefällt werden müssen, werde die Verwaltung mit den Nutzungsberechtigten der betroffenen Grabstätten Kontakt aufnehmen.
Seit zwei Jahren werden im Stadtwald als Folge der Dürre auf 150 Hektar Fläche nur die absterbenden Bäume, meist Buchen, geerntet. Viele davon sind noch recht jung. „Alle gesunden Bäume bleiben stehen“, so Sill. Der Bestand - auch der Bestattungswald - werde laufend kontrolliert, und alle gefällten Bäume durch Neuanpflanzungen ersetzt.