Mörlen steht hinter seinem Pfarrer

Die plötzliche Krankschreibung von Pfarrer Ryszard Strojek sorgt für Unruhe in Ober- und Nieder-Mörlen. Viele zeigen sich bestürzt oder auch wütend. Man sei buchstäblich über Nacht des Pfarrers beraubt worden, heißt es.
„Ich möchte, dass der Mensch im Vordergrund steht“, betonte „der Neue“, und dass er mit allen den Weg gemeinsam gehen wolle, „den Gott uns führt“: Seit diesen Sätzen vom 24. November 2014 - berichtet wurde über die Amtseinführung von Pfarrer Ryszard Strojek in der Pfarrgruppe Mörlen - ist viel passiert an der Usa. „Der Neue“ hielt Wort, als Priester, als Seelsorger und als Mensch. Jetzt ist Pfarrer Ryszard Strojek krankgeschrieben, für viele „aus heiterem Himmel“.
Auf der Website der Pfarrgruppe liest sich das so: „Seit knapp einer Woche ist Herr Pfarrer Tobias Roßbach aus Butzbach zum Pfarradministrator unserer Pfarrgruppe bestimmt worden. Dies geschieht aufgrund der längerfristigen Erkrankung von Pfarrer Ryszard Strojek.“ Wie lange die Krankschreibung dauern wird und ob Pfarrer Strojek zurückkehren wird, ist nach derzeitigem Informationsstand ungewiss. Dass die Menschen vor Ort „ihren Pfarrer Richard“ vermissen, ihn zurückhaben möchten und sich Erklärungen wünschen, war am Sonntagvormittag in Nieder-Mörlen zu erleben.
Zu einer Solidaritätsaktion für Pfarrer Strojek hatten Eltern der aktuell über 40 Messdiener in der Pfarrei Maria Himmelfahrt aufgerufen. Der Kirchplatz füllte sich, ein Teil der Gläubigen besuchte auch den Gottesdienst und folgte des stellvertretenden Pfarrers Wunsch, für einen guten Ausgang der Situation zu beten. Geschätzt etwa doppelt so viele Christen aus beiden Mörlen blieben draußen, um Gedanken auszutauschen. „Wir stehen hinter unserem Pfarrer“, betonten sie. Er sei ein wunderbarer Mensch und Priester, der seine Kirche vorbildlich vertrete und weit über die Grenzen große Wertschätzung genieße. „Einen besseren hatten wir nie“ und „unser Kind ist nur wegen dieses Pfarrers katholisch getauft worden“. Man habe den Eindruck, man sei buchstäblich über Nacht des Pfarrers beraubt worden. „Das ist einfach nur traurig, das hat er nicht verdient.“ Von der Kirche erwarte man, dass sie ihrem Seelsorger helfe, wenn er selbst Hilfe brauche - eine Frage von christlicher Menschenführung. Die Rede war von einem Herzleiden, von einer schwer zu verkraftenden Reihe Schicksalsschläge in Familie und Freundeskreis und von einem nach Alkoholkonsum abgebrochenen Auftritt in der Fastnachtsbütt.
Am Ende hatten sich 365 Jugendliche und Erwachsene in eine Liste unter dem Satz eingetragen: „Wir erklären uns gemeinsam solidarisch mit Pfarrer Ryszard Strojek!“ Außerdem beschrifteten sie 120 vorbereitete Karten mit ihren Wünschen und Einschätzungen. Liste und Karten wurden an die für Personalangelegenheiten zuständige Mitarbeiterin beim Bischöflichen Ordinariat adressiert.
GESPRÄCH
Für den heutigen Mittwochabend ist ein Gespräch aller Pfarrgemeinde- und Verwaltungsräte aus beiden Pfarreien der Pfarrgruppe Mörlen mit den Verantwortlichen vom Bischöflichen Ordinariat und im Beisein von Pfarradministrator Roßbach und anschließender Fragestunde für Gemeindemitglieder geplant.
Über die Ergebnisse soll zeitnah aufgeklärt werden. Vor dem Gespräch möchte sich das Bischöfliche Ordinariat nicht in der Presse äußern. hau
Ausgelegt war außerdem ein „Informationsschreiben an die Pfarrgemeinde“ vom Nieder-Mörler Verwaltungs- und Pfarrgemeinderat. Hier hieß es, dass man „mit großem Bedauern und Entsetzen“ erfahren habe, dass sich Pfarrer Strojek krankgemeldet habe und seiner Tätigkeit als Pfarrer langfristig nicht nachkommen könne. Die „plötzliche Abwesenheit“ habe zu Unsicherheit und Verärgerung geführt, was sich in vielen Anfragen, Gesprächen und Aktionen im Umfeld der Kirche und in sozialen Medien niederschlage.
Und weiter: „Die Reaktionen sind verständlich, da Herr Pfarrer Strojek viele gute Beziehungen geknüpft und sehr viele positive Akzente im Leben der Pfarrgemeinde gesetzt hat. Viele ungeklärte Fragen stehen im Raum.“ Man pflege eine ausnahmslos sehr gute und stets vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm.
„Wir erlebten ihn als engagierten Pfarrer, der nicht nur pflichtbewusst seinen Dienst tat, sondern für jeden ein offenes Ohr hatte. Trauungen, Taufen, und auch Beerdigungen gestaltete er nicht nur tadellos im Sinne der Kirche, sondern darüber hinaus auch anlassbezogen mit besonderer Empathie und Menschlichkeit gegenüber den beteiligten Gemeindemitgliedern.“ Pfarrer Strojeks Beliebtheit habe sich in der gestiegenen Zahl von Gottesdienstbesuchern, auch aus anderen Pfarreien, niedergeschlagen und in einer großen Zahl von ehrenamtlich Tätigen.
In Ober-Mörlen waren am Samstagabend die Gottesdienstbesucher aufgeklärt worden, dass Strojek „seit dem letzten Samstag nicht mehr in unseren beiden Pfarreien wohnt und tätig ist“. Vom Ordinariat in Mainz sei er vorerst abgezogen worden „aus Gründen der Fürsorge wegen seiner offensichtlichen und offenbar gewordenen gesundheitlichen Probleme“. Die Menschen treibe die Sorge um ihren Pfarrer und die beiden Pfarreien um. In erster Linie ausschlaggebend sei, dass der Seelsorger selbst Hilfe erfahre, dass er in einer Auszeit gesund und heil werde, „und dass er, wenn er das selbst allerdings auch möchte, wieder in unsere beiden Pfarreien zurückkommt“.