1. Startseite
  2. Rhein-Main
  3. Wetterau
  4. Karben

Mit der Drohne Rehkitze suchen

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

pku_Rehkitzrettung_2023__4c_6
Sie sorgen mit ihrer Drohne dafür, dass kein Reh im hohen Gras bei den Mäharbeiten zu Schaden kommt (von links): Christian Pollak, Tim Stöveken und Michael Soborka. Schenk (2) © Jürgen Schenk

Rehkitze verstecken sich im hohen Gras, um sich zu schützen und zu wärmen. Dieser Wohlfühlort kann für die Jungtiere zur Falle werden. Im Sommer werden die Felder von großen Maschinen gemäht. Damit dabei keine Tiere zu Schaden kommen, prüfen die Karbener Tierschützer mithilfe einer Drohne, ob sich Rehkitze auf den Flächen verstecken.

Das Fluggerät mit den vier nach oben gerichteten Rotoren macht plötzlich mächtig Wind. Sein Summen wird stärker. Dann hebt es mit einem Mal ab und startet durch - vom Bodenniveau auf fast 80 Meter Höhe in wenigen Sekunden. Ein Bilderbuchstart der kleinen Drohne, die in Karben seit einem Jahr für den Tierschutz im Einsatz ist. Ihre Mission: Versteckte Rehkitze vor dem Tod bewahren.

An diesem Tag geht es aber zunächst noch ums Testen und Vorführen. Die Pfingstweid-Wiesen am Kloppenheimer Sportplatz sind erst in ein wenigen Wochen mähfertig. Noch befinden sich die darin lebenden Tiere in Sicherheit. Das gibt den Drohnenpiloten Zeit, ihre Flugfertigkeiten zu reaktivieren und in den Sommermodus zu schalten.

Michael Soborka vom Tierschutz Karben sowie den Jägern Tim Stöveken und Christian Pollak gelingt das nach der „Winterpause“ auf Anhieb. „Das Steuern der Drohne ist an und für sich nicht schwierig“, erklärt Stöveken. „Man lernt es erstaunlich schnell. Ein paar Tage sollte man aber schon einkalkulieren.“

Immerhin handelt es sich bei dem Fluggerät des Karbener Tierschutzes um ein Hightech-Modell. Ende 2021 wurde es, unterstützt aus Fördermitteln des zuständigen Bundesministeriums, für 6000 Euro gekauft. Ihren Jungfernflug unternahm die „Mavic 2 Enterprise“ im Mai des vergangenen Jahres. „Wir haben uns bewusst für dieses Modell entschieden, weil es speziell auf die Tierrettung ausgelegt ist“, erläutert Michael Soborka.

SPENDENAKTION

Die Kitzretter möchten ihr Fluggerät noch effektiver machen. Hilfreich wären ein zweiter Monitor für den Kopiloten und vier weitere Akkus, sagen sie. Die Kosten dafür würden bei etwa 1200 Euro liegen. Um Spenden auf nachfolgendes Konto wird gebeten: Tierschutz Karben, Frankfurter Volksbank, IBAN: DE86 5019 0000 6401 1924 15, BIC: FFVBDEFF.

Der Tierschutz Karben wird außerdem am Samstag, 27. Mai, von 10 bis 14 Uhr bei der Aktion „Helfer-Herzen“ mit einem Info-Stand vertreten sein. Veranstaltungsort ist der dm-Parkplatz, Industriestraße 2. Noch bis zum 31. Mai läuft im dm-Markt Karben ein Voting für zukunftsrelevante Projekte. Die erst- und zweitplatzierten Projekte erhalten lukrative Geldspenden. Der Tierschutz ist mit dabei und bittet um möglichst viele Stimmen. jsl

Bei der technischen Ausstattung kommen die drei Männer ins Schwärmen. Die hochauflösende Kamera könne zwischen Normal- und Wärmebild umgeschaltet werden, sagen sie. Aufnahmen aus annähernd 80 Metern Höhe seien kein Problem. Vor Bäumen, Masten und anderen Hindernissen in der Landschaft warnt eine Kollisionswarnanlage, die schnell Alarm gibt. Die Drohne ist programmierbar und verfügt über einen sogenannten Homecoming-Modus. Das heißt: Sie findet immer wieder alleine zu dem Punkt zurück, an dem sie gestartet ist. Und wenn sich jemand mit der Steuerung komplett verhaspeln sollte: „Einfach alle Bedienelemente loslassen“, empfiehlt Stöveken. „Dann parkt die Drohne einfach in der Luft und macht gar nichts mehr.“ Der Akku erlaube ungefähr 20 bis 25 Minuten Flugzeit. Drei weitere Akkus zum Wechseln befinden sich bei der Ausrüstung.

Die Initiative zur Wildtierrettung wurde vom Tierschutz Karben im Jahr 2016 ins Leben gerufen. Sie basiert auf einer Kooperation mit den Landwirten und Jagdpächtern in Karben. Vom Konzept her sind die Rettungsaktionen, die in den Monaten Mai und Juni stattfinden, einfach und effizient aufgebaut: Bevor irgendwo in der Karbener Gemarkung ein Feld abgemäht wird, informiert der Landwirt den zuständigen Jagdpächter. Das passiert in der Regel einen Tag vor der geplanten Mahd. Die Jagdpächter koordinieren dann den Einsatz, informieren die Drohnenpiloten und sorgen für genügend eigene Helfer vor Ort. „Die Einsätze beginnen sehr früh, um vier oder halb fünf Uhr morgens. Dann ist der Boden noch nicht so aufgeheizt“, berichtet Christian Pollak. „Die Körpertemperatur des Kitzes muss auf jeden Fall wärmer sein als der Boden. Nur so kann die Infrarotkamera den genauen Ort abbilden.“ Ist der erkannt, wird das „Fußvolk“ per Funk vom Drohnenpiloten dorthin geleitet. Die gefundenen Tiere werden anschließend aus der Gefahrenzone getragen und am Rand gesichert.

Die Vorjahresbilanz kann sich sehen lassen: 21 Einsätze konnten nach Angaben der Kitzretter insgesamt durchgeführt werden. Die prospektierten Flächen in Okarben, Groß-Karben, Burg-Gräfenrode, Kloppenheim und Rendel waren zwischen drei und 90 Hektar groß. Zehn Rehkitze konnten gerettet werden. Über 40 weitere Jungtiere wurden vertrieben, nachdem sie selbstständig flüchten konnten.

Tim Stöveken lobt die Zusammenarbeit. „Das hat schon funktioniert, als die Flächen noch komplett ohne Drohnenunterstützung abgesucht wurden“, findet er. Bei Jagd und Tierschutz spricht er von den beiden Seiten einer Medaille. Wichtig sei, dass es sich am Ende immer um eine Medaille handele.

pku_Rehkitzrettung_2023__4c_7
Die Drohne des Karbener Tierschutzvereins konnte diese beiden Rehkitze im hohen Gras erkennen und lokalisieren. © Jürgen Schenk

Auch interessant

Kommentare