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Bahn-Ausbau macht Bauer ratlos

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Von: Jürgen Wagner

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Die Verkehrsstation Bruchenbrücken wird umgebaut. Auf der westlichen Seite (r.) werden zwei neue Gleise gebaut. Hier läuft der Güterverkehr ab. Für die Fahrgäste wird ein Mittelbahnsteig gebaut. merz © Nicole Merz

Pendler dürfen sich freuen: Der viergleisige Ausbau der Bahnstrecke Frankfurt-Friedberg geht weiter. Bruchenbrücken bekommt einen Mittelbahnsteig, Friedberg eine Schallschutzwand von der großen Unterführung bis zum Bahnhofsgebäude und einem Landwirt werden zwei Äcker derart beschnitten, dass er dort keine Rüben mehr anbauen kann.

Von der Wetterau im stabilen 15-Minuten-Takt nach Frankfurt: Das soll durch zwei neue Bahngleise für die S 6 möglich werden; hierzu werden elf Verkehrsstationen zwischen Frankfurt und Friedberg modernisiert. Anfang 2018 wurde der erste Bauabschnitt bis Bad Vilbel begonnen, für den zweiten Abschnitt bis Friedberg läuft die Planfeststellung. Die politischen Gremien sind momentan damit beschäftigt. So auch der Ortsbeirat Bruchenbrücken. Am Mittwoch wurde das Thema dort diskutiert. Im Prinzip können sich die Bruchenbrückener freuen. Die Bahnstation wird umgebaut, erhält einen Mittelbahnsteig und einen Aufzug. Das Gleisbett wird nach Westen verbreitert, ein Teil des Park-&-Ride-Platzes muss dafür weichen. Auf der Ortsseite der Bahnstation sollen weitere Parkplätze eingerichtet werden; dafür wird die Bauruine an der Brücke abgerissen.

Das ist nur ein Auszug der geplanten Arbeiten. Ortsvorsteher Gunther Best (CDU) wies darauf hin, dass die S-Bahnen auf den östlichen Gleisen verkehren, Güterzüge auf den westlichen, hinter einer Lärmschutzwand. Im Gleisbett werden alte Autoreifen drapiert, um den Schall der Räder zu schlucken - ein neues Verfahren, das in Bruchenbrücken getestet wird.

Es gebe aber auch viele Mängel in der Planung, sagte Roger Götzl (FDP) und sprach dem städtischen Bauamt im gleichen Atemzug ein dickes Lob aus: In den Stellungnahmen seien alle Schwachstellen offengelegt worden.

Dazu zählt etwa, dass die Brücke zum Park-&-Ride-Platz schmäler als in der Ursprungsplanung ist. Sind genügend Parkplätze ausgewiesen? Da gibt es Zweifel und die Befürchtung: Wird das Bahnfahren attraktiver, kommen mehr Pendler mit dem Auto und parken den Ort zu.

Das Bauamt warnt in seiner Stellungnahme vor einem „zusätzlichen Verkehrsproblem“ und fordert eine „moderne Mobilitätsstation“ mit Haltebuchten für den Omnibusverkehr sowie Fahrradabstellplätzen. In der vorliegenden Form aber könne die Stadt die Planung „nicht akzeptieren“. Das sagt auch Christian Bickert, Landwirt aus Bruchenbrücken und Eigentümer mehrerer Äcker, die an die Bahnlinien grenzen. Er sei für den Ausbau des Bahnverkehrs, sagte Bickert. Da gebe es keine Frage. Aber so, wie in der vorliegenden Form, gehe das nicht.

Der Landwirtschaftsbetrieb Bickert ist in zehnter Generation in Bruchenbrücken ansässig. Die Familie investiert gerade über eine Million Euro in eine neue Betriebsstätte, der Junior baut Speiseleguminosen (Kichererbsen, Edellinsen, Emmer u. a.) an, produziert Der zentrale Betriebszweig ist seit 100 Jahren der Anbau von Zuckerrüben. Damit wird in der Wetterau Geld verdient. Nur: Die Pläne der DB Netz bedeuten, dass Bickert zwei seiner Äcker nicht mehr für den Rübenanbau nutzen kann. „13 Prozent der Rübenfläche gehen verloren.“ Das hängt mit naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen zusammen, welche die Bahn als Kompensation für den Gleisbau anlegen muss. Und zwar auf den Äckern der Familie Bickert. Am meisten wundert sich Bickert über einen geplanten drei Meter breiten und mit Bäumen zu bepflanzenden Grünstreifen, der nicht etwa entlang der Bahngleise verläuft, sondern im 90-Grad-Winkel am Heidenstockweg, hinter dem Neubaugebiet. Aufgrund der Bodenverhältnisse sei dies der einzige Platz, an dem eine Abfuhr der Rüben möglich sei. Warum die Ausgleichsmaßnahme ausgerechnet hier stattfinden soll, kann sich Bickert beim besten Willen nicht erklären.

Auch gegenüber dem Park-&-Ride-Platz soll auf einem Acker ein Grünstreifen angelegt werden. Auch hier ist eine Abfuhr der Rüben dann nicht mehr möglich. „Es sind auch andere Bauern betroffen“, sagte Bickert. Er hatte sich die Mühe gemacht, die Pläne (im Ausdruck für die Kommunalpolitiker selbst mit Lupe nicht zu entziffern) im Internet hochzuladen. Und kam aus dem Staunen nicht heraus.

Bickert wird das so nicht hinnehmen, er hofft aber zunächst auf die Unterstützung des Ortsbeirates und des Magistrats. Stadtrat Siggi Köppl (FDP) sagte, er werde den Magistrat informieren.

Die Stadtverordneten werden sich am 23. Februar mit der Stellungnahme zur Planfeststellung beschäftigen.

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