Ältere bei Blutspende außen vor

Friedberg - Es fehlt an Blutspenden, Blutspendedienste warnen vor Engpässen. Gleichzeitig sind ältere Menschen ausgeschlossen, mit 73 ist für die Spender Schluss. Der Friedberger Rotkreuzler Friedrich Wilhelm Durchdewald will das nicht akzeptieren und hat das auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Brief mitgeteilt.
Als der Bürgermeister neulich im Ausschuss die nächsten Blutspendetermine in Friedberg bekannt gab, meldete sich Friedrich Wilhelm Durchdewald zu Wort. Der UWG-Fraktionsvorsitzende ist seit 1969 im Deutschen Roten Kreuz aktiv, hatte Ämter und Verantwortung inne. Seitens der Zuhörer wurde eine fachliche Expertise erwartet, doch die fiel überraschend aus.
Durchdewald berichtete von seiner letzten Blutspende. 178-mal wurde er bereits zur Ader gelassen. Als er am 13. Januar zum Blutspendetermin beim DRK in Niddatal-Assenheim erschien, erfuhr er bei der vorausgehenden ärztlichen Untersuchung, dass dies seine „endgültig letzte“ Spende sei. Ende Februar vollendete Durchdewald das 73. Lebensjahr, damit ist das Höchstalter für Blutspenden erreicht. Zumindest in Hessen und einigen anderen Bundesländern.
Dass das Höchstalter für Blutspenden in Deutschland uneinheitlich festgelegt ist, dass es überhaupt festgelegt ist, das kann Durchdewald nicht nachvollziehen. Deshalb hat er Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen Brief geschrieben, in dem er seine Verwunderung über die bisherige Praxis zum Ausdruck bringt.
Neben privaten und kommunalen Blutspendediensten, die etwa von Kliniken organisiert werden, gehen in Deutschland rund 70 Prozent aller Blutspenden auf das Konto der Blutspendedienste. In der Wetterau ist der Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen zuständig. „Diese Regelung des räumlich zuständigen Dienstes veranlasste mich zur Recherche, ob es denn Blutspendemöglichkeiten auch über diese Grenze hinaus gibt“, schreibt Durchdewald an Lauterbach.
Der Anlass seiner Recherche sei für ihn mehrschichtig gewesen: „Erstens wird aktuell über sämtliche Medien verbreitet, wie notwendig Blutspenden wegen deren Knappheit sind. Meine Blutgruppe steht dabei meistens auf ,kritisch’ bis ,sehr kritisch’.“
Durchdewald hat Blutgruppe A Rhesus negativ, nur sechs Prozent der Bevölkerung haben diese Gruppe. Mit diesem Blut kann aber rund 48 Prozent der Bevölkerung versorgt werden. Die allgemeine Blutknappheit sei gleichbedeutend mit einem erheblichen Risiko für die Versorgungssicherheit von Kranken und Verletzten, sagt Durchdewald und nennt einen zweiten Grund: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man gesunde und fitte ,Alte‘ pauschal nicht mehr zulässt. Schließlich wird damit jährlich und bundesweit auf Zehntausende mögliche Blutkonserven verzichtet. Gerade die älteren Spender gehören aus meiner Sicht zu den ,Leistungsträgern‘ im Blutspendewesen.“ Durchdewald ist topfit, macht regelmäßig Sport, ernährt sich gesund. „Die Alten werden immer jünger“, sagt er verschmitzt und nennt dies als dritten Grund: „Internistisch bestätigt, bin in einem hervorragenden und sportlich trainierten Gesundheitszustand, der mich auf jeden Fall zu weiteren Spenden befähigt.“
Durchdewald hat mit Ärzten gesprochen. Auch sie sähen es als anachronistisch an, dass es überhaupt eine fixe Altersgrenze gibt. „Noch weniger nachvollziehbar ist, dass diese Altersgrenze bei unterschiedlichen, von mir recherchierten Spende-Institutionen um bis zu acht Jahre differiert. So reicht die Spanne der Altersbegrenzungen vom vollendeten 68. (Blutbank Uni-Kliniken Gießen/Marburg) bis zum 76. Lebensjahr beim Blutspendedienst West, der für die Bereiche Nordrhein, Westfalen-Lippe, Rheinland-Pfalz und Saarland zuständig ist.“ Durchdewald an Lauterbach: „Das bedeutet für mich persönlich, dass ich meine nächste Blutspende in Mainz (Blutspendedienst West) anbieten werde.“
An Lauterbach richtet der Rotkreuzler die Bitte zu überprüfen, „ob eine pauschale Altersgrenze überhaupt nachvollziehbar und sinnvoll ist“. Ob es sich eventuell um Altersdiskriminierung durch Generalisierungen und/oder Vorurteile handelt, sei eine andere Frage am Rande. „Mein Wunsch: Wenn eine Freigabe der Altersbegrenzung nicht möglich ist, sollte wenigstens die Grenze eher in Richtung 78 Jahre verschoben werden.“