Erste Hilfe für das Abitur

Warum bringen Mediziner Bücher zur Vorbereitung auf das hessische Abitur heraus? Diese Frage ist Jens Gröninger und Philipp Jung aus Florstadt anfangs häufig gestellt worden. Nach zwölf Büchern von Sport bis Ethik und einem Online-Portal lautet nun die Frage: Wie geht das?
In wenigen Wochen muss Jens Gröninger seine Doktorarbeit zur Ganzkörperkältetherapie bei psychischen Erkrankungen in Göttingen verteidigen. Er selbst hat den Sprung ins kalte Wasser bereits 2016 gewagt. Damals erfindet der 19-Jährige zusammen mit Philipp Jung aus einer spontanen Idee heraus das Projekt „Abiklinik“. Unter dem Markennamen entstehen Lernbücher und ein Online-Programm zur Vorbereitung auf das hessische Abitur. Seinen Anfang nimmt das Projekt aber nicht in der Schule, sondern in der Universität. Jens Gröninger und Philipp Jung studieren 2016 im dritten Semester Medizin und teilen sich eine WG.
Das Studium ist anspruchsvoll und lernintensiv. In Tutorien erarbeiten ältere Studenten mit Neuzugängen wie ihnen die Themen und unterstützen bei der Prüfungsvorbereitung. Auch stellen einige Webseiten den jungen Medizinern Fachwissen bereit. Jens Gröninger sagt: „Für Medizinstudenten gab es schon viel, was gut funktioniert hat. Aber wir hatten das Gefühl, für das Abi gab es das noch nicht.“
KOOPERATION
Die Johann-Philipp-Reis-Schule (JPRS) in Friedberg arbeitet seit 2016 mit den Gründern der „Abiklinik“ zusammen. „Abiklinik“ ist ein Projekt von Jens Gröninger, Philipp Jung und Robin Zwiener zur Abiturvorbereitung. Vor wenigen Wochen ist ein neues Medium hinzugekommen.
Zusammen mit dem Gründer von „Abiunity“, einer Plattform mit Lerninhalten von und für Schüler, entwickelte die „Abiklinik“ den „Abipass“. Der „Abipass“ bietet Schülerinnen und Schülern einen digitalen Zugang zum Lernprogramm der „Abiklinik“. Dieser ermöglicht den Jugendlichen einen interaktiven Umgang mit Themen und Grafiken.
Außerdem können sich die Abiturienten einen individuellen Lernplan erstellen. Die JPRS sieht im digitalen Angebot der „Abiklinik“ für ihre Abiturienten „die Möglichkeit, sich gezielt auf die Prüfungen vorzubereiten und ihre Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss zu steigern“. Deshalb übernimmt die Schule die Kosten für den „Abipass“ in der Oberstufe. cos/red
Jens Gröninger machte sein Abitur am Burggymnasium in Friedberg und Philipp Jung bestand sein Abitur am Ernst-Ludwig-Gymnasium in Bad Nauheim. Also beschließen sie, die ehemaligen Schulen zu besuchen und den Abiturienten bei der Vorbereitung zu helfen. In kurzen Vorträgen sprechen sie über Zeitpläne, Struktur und Prüfungsangst. Im Frühjahr 2016 halten sie zudem einen Vortrag über Biologie als Abiturfach am Burggymnasium. Jens Gröninger belegte selbst Biologie im Abitur. Zusätzlich bringen die Florstädter ihr Wissen aus dem Medizinstudium ein. Im Anschluss an den Vortrag habe es die Rückmeldung gegeben: Super, schreibt das doch mal auf. Als Studenten seien sie mit dem Vorschlag zunächst überfordert gewesen, erzählt Gröninger. Aber die Idee lässt sie nicht mehr los. Sie machen sich an die Arbeit und veröffentlichen schließlich im Eigenverlag. Denn bei einem Geistesblitz von Studenten sei kein Verlag gleich Feuer und Flamme, sagt er. Als erstes Buch entsteht „Biologie“. Jens Gröninger und Philipp Jung ist ihr eigenes Fachwissen behilflich. Darüber hinaus sprechen sie mit Doktoranden, Fachstudenten und nicht zuletzt mit Lehrkräften aus der Wetterau. Dabei immer im Blick: die Abiturvorgaben im Bundesland Hessen. Die Spezialisierung auf Hessen sei das Besondere an der „Abiklinik“. Abiturienten lernten so genau die für sie wichtigen Inhalte. Außerdem bietet „Abiklinik“ Bücher für Nischenfächer wie Gesundheit und Ernährung an. In Gesundheit sind es gleich zwei Werke, eines für berufliche Gymnasien und das andere für Fachoberschulen. Nur an wenigen Schulen werden diese Fächer gelehrt, weshalb sie bei größeren Verlagen hinten runterfallen würden.
Viele Nächte verbringen die jungen Männer vor dem Laptop und arbeiten neben dem Medizinstudium an der „Abiklinik“. Sie sind überrascht, wie gut das funktioniert: „Dass man tatsächlich ein Produkt schafft, was gut ankommt, schön aussieht und sich gut lesen lässt.“ Mit der Zeit entstehen insgesamt zwölf Lernbücher in elf Fächern. Für das Marketing holen die Gründer Jugendfreund und BWL-Student Robin Zwiener mit ins Boot. Vor wenigen Wochen ist zudem ihr Online-Programm an den Start gegangen.
Mittlerweile ist das Studentenprojekt der drei 26-Jährigen aus den Kinderschuhen gewachsen und auch sie selbst machen große Schritte ins Berufsleben. Philipp Jung ist ab Mai als Kardiologe in Göttingen tätig, Robin Zwiener arbeitet beim Technologie-Konzern Thales und Jens Gröninger ist in den letzten Zügen seiner Promotion. Er liebe die Arbeit mit den Schülern, sagt der Florstädter. Gleichzeitig möchte er demnächst als Klinikarzt arbeiten. Aber: „Für jetzt macht es noch viel zu viel Spaß, um ans Aufhören oder Weitergeben zu denken.“