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Grabschmuck nicht gestattet

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Der Bad Nauheimer Hauptfriedhof ist ein interessanter Ort mit viel Natur. Nun aber soll die Friedhofsverwaltung angeblich zu rigoros vorgehen, um die Vorgaben der städtischen Friedhofsordnung umzusetzen.

Aufregung herrscht auf dem Bad Nauheimer Hauptfriedhof: Angehörige sind verärgert, da sie Gehölze auf Gräbern entfernen sollen, was sie nicht einsehen. Der Vorwurf lautet: Die Friedhofsverwaltung betreibe „Kahlschlag“ auf dem gesamten Areal durch rigides Fällen von Bäumen und Kappen von Hecken. Angeblich hat eine Reihe von Grabinhabern sogar das Nutzungsrecht am Grab zurückgegeben, nachdem der Brief der Friedhofsverwaltung gekommen war. Grund sollen die Kosten gewesen sein (diese Zeitung berichtete).

Die Inhaberin eines Baum-grabes ist ebenfalls verstimmt, weil nicht einmal an hohen Festtagen das Niederlegen von Grabschmuck erlaubt sei. Das Rathaus weist sämtliche Kritik indes entschieden zurück (Info-Kasten). 2016 starb die Schwiegermutter von Anna F. (Name geändert), ihr Mann 2020. „Beide wollten anonym begraben werden“, sagt sie. Die Stadt bot Baumgräber an, was die Bad Nauheimerin annahm. In der Mitte steht ein Baum, mit je zwei quadratischen Grabplatten rechts und links. Nach zwei Jahren müssten laut Friedhofsordnung Platten angebracht werden. Darauf machte man die Frau aber erst 2021 aufmerksam, wie sie sagt. Damals legte sie zwei Kränze ab, die sie im Januar 2022 wieder entfernte.

ZENTRALE STELLE FÜR BLUMEN

Zu den Vorwürfen nimmt die Presseabteilung des Bad Nauheimer Rathauses wie folgt Stellung: „Blumenschmuck sowie andere Ornamente sind an Urnenwahlgrabstätten und Baumgräbern nicht erlaubt, weswegen die Friedhofsverwaltung satzungsgemäß vorgeht und den Schmuck entfernt.“

Weiter heißt es: „Aufgrund der bestehenden Bedürfnisse von Angehörigen werden wir jedoch künftig eine zentrale Stelle einrichten, an der Blumen abgelegt werden können.“ Gemäß Satzung bestehe die Pflicht, eine Grabplatte an Baumgräbern anzubringen. „Die Aussage zu Straftaten und Geldbußen wird dementiert. Alle Nutzungsberechtigten werden über die Regelungen der Satzung informiert.“

Bei der gefällten Birke handelte es sich laut Stadt um einen Baum, der auf einer städtischen Fläche stand und nicht mehr standsicher war. Baumkontrollen hätten das ergeben. Laut der Stadtverwaltung ist die Verkehrssicherungspflicht handlungsleitend für die Friedhofsverwaltung. „Das Einkürzen von Gewächsen, die weder die Standsicherheit der Grabstätten noch die Verkehrssicherheit auf dem Friedhof insgesamt beeinträchtigen und sich nicht negativ auf Nachbargrabstätten auswirken, ist im Einzelfall eine gangbare Lösung.“ Dies sei mit der Friedhofsverwaltung abzustimmen und diene der Wahrung eines einheitlichen und ansprechenden Erscheinungsbildes.

Einen Zusammenhang zwischen den Schreiben und der Rückgabe von Grabstätten gebe es nicht, so die Presseabteilung weiter. „In lediglich einem Fall wurde das Nutzungsrecht nicht verlängert, welches im Januar 2023 abgelaufen ist. Insgesamt wurden über 250 Nutzungsberechtigte kontaktiert. Lediglich fünf haben daraufhin Kontakt aufgenommen.“ Bei allen Übrigen gehe man davon aus, dass sie der Bitte nachkommen. Bestandschutz gelte nicht bei Bepflanzung. ihm

„Ostern war wieder das Gleiche, ich legte zwei wunderschöne Osterkränze hin“, erzählt die 78-Jährige. Eine Freundin ging am selben Tag hin und berichtete, dass keine Deko da gewesen sei. Auf Anfrage habe der Friedhofsverwalter sehr deutlich gesagt: „Das haben wir entfernt.“ Laut dem Verwalter stehe in der Friedhofsordnung, dass es „strafbar“ sei, Schmuck auf den Baum- gräbern zu hinterlegen, da der Rasenmäher sonst nicht darüber hinwegfahren könne. Angeblich sei es auch „strafbar“, keine Grabplatte zu legen. Das Rathaus dementiert diese Äußerungen allerdings. Anna F. sprach an mehreren Stellen vor, verbunden mit der Bitte, die Vorgehensweise zu überdenken. Lediglich Ortsvorsteher Kurt Linkenbach (CDU) stellte demnach in Aussicht, das Thema im Ortsbeirat anzusprechen. Vergangenes Weihnachten nun wickelte Anna F. einen Tannenzweig und zwei Blumen um den Baum. Um die Rinde nicht zu beschädigen, verwendete sie bezogene Sisalschnüre. Aus Krankheitsgründen ging sie erst Anfang Februar wieder hin, um den Schmuck zu entfernen - Zweig und Blumen waren fort. Sie findet es empörend, „wie die Stadt mit ihren Bewohnern umgeht, wenn es darum geht, ihre Liebsten zu beerdigen“.

Sabine L. (Name geändert) hat laut einem Brief der Friedhofsverwaltung noch Zeit bis heute, um ein „grobes Gehölz“ zu entfernen, welches auf ihrem Familiengrab an einer innenliegenden Mauer des Hauptfriedhofs steht. Telefonisch fragte sie den Friedhofsverwalter: „Was meinen Sie denn mit grobem Gehölz? Es stört doch niemanden.“ Bereits seit 30 Jahren pflegt die Bad Nauheimerin das Grab, seither steht das immergrüne Gewächs dort. Sie wäre bereit, die Pflanze um die Hälfte zu verkleinern, aber sie soll komplett weg. Nach Ansicht des Friedhofsverwalters beschädige die Wurzel die Mauer. Obendrein habe er Sabine L. mitgeteilt, die Birke habe man auch fällen lassen. Rechts vom Grabstein stand ein alter Baum, der nun fort ist. „Ich habe gesagt: ,Das können Sie doch nicht machen, ohne Rücksprache mit mir zu halten.‘ Er sagte: ,Die Birke stand auf städtischem Gelände.‘ Ich sagte: ,Nein, auf dem Grab.‘“ Anschließend merkte er laut Sabine L. an, dass der Baum krank gewesen sei - er habe ein Gutachten einholen lassen. L. betont: „Für uns hatte die Birke einen sehr hohen ideellen Wert, weil sie immer schon stand. Wenn das immergrüne Gewächs auch noch wegkommt, ist Kahlschlag.“

Wie das Bad Nauheimer Rathaus mitteilt, läuft die Frist für die über 250 angeschriebenen Grabinhaber am Montag, 27. Februar, ab. „Zu diesem Termin werden die betreffenden Grabstätten nochmals überprüft. Im Falle des Nichtfolgeleistens erfolgt eine erneute Kontaktaufnahme.“ Es sei der Stadt wichtig, zunächst einvernehmliche Lösungen zu finden, bevor es zu weiteren Schritten komme.

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