Einzug im dritten Quartal

Schon seit Monaten steht das ehemalige Lidl-Gebäude in der Frankfurter Straße 7-9 in Bad Nauheim leer. Derzeit sind dort Arbeiter aktiv, um eine Flüchtlingsunterkunft für 88 Menschen vorzubereiten. Am Dienstagabend sprach der städtische Bauausschuss darüber.
Seit November ist Lidl in der Schwalheimer Straße in Bad Nauheim angesiedelt. Das frühere Gebäude in der Frankfurter Straße 7-9 steht seither leer, mittlerweile aber tut sich etwas. Kreispressesprecherin Delia Eckhardt erläuterte: „Der Wetteraukreis hat in Abstimmung mit der Stadt Bad Nauheim den ehemaligen Lidl-Markt angemietet.“ Wie Eckhardt weiter ausführt, ist die Belegung derzeit für die Mitte des dritten Quartals vorgesehen.
Auf dem Gehsteig ist eine Fußgängerführung eingerichtet, aus dem Bauwerk dringen Geräusche, Handwerker sind am arbeiten. Ein Lkw fährt gerade ab, ein kleiner Bagger steht vor der seitlichen Front. Dort soll ein Fluchtweg entstehen. Das Gebäude soll Eckhardts Worten zufolge Platz für 88 Menschen aus weltweiten Krisengebieten bieten. „Derzeit finden im Innen- und Außenbereich notwendige Umbauarbeiten statt: Die Elektrik und Installation wird überarbeitet, es wird für ausreichend Belichtung gesorgt, und im Außenbereich werden Anschlüsse für Dusch-, WC- und Küchencontainer geschaffen.“
Im städtischen Bauausschuss erkundigte sich Steffen Mörler (CDU) nach dem Sachstand zum ehemaligen Lidl-Haus. „Dass dort Flüchtlinge hinein sollen, ist eine gute Zwischenlösung“, sagte er. Es handele sich um eine Unterbringungsoption des Wetteraukreises. Die Belegungszahlen würden der Stadt angerechnet, die eine Quote erfüllen muss. „Aber wir hatten ja eine andere Intention“, stellte der Christdemokrat fest. Nachdem Lidl in neue Räume in der Schwalheimer Straße gezogen war, lautete das Ziel, Wohnbebauung auf dem Grundstück in der Frankfurter Straße zu errichten. 15 Prozent sollten „bezahlbar“ sein, sprich dem Wohnungsmarkt für einen Mietpreis von 8,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung stehen. Dieser Preis soll für zehn Jahre gelten.
Wie Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) betonte, dürfe die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem ehemaligen Lidl-Areal nur eine temporäre Lösung sein. Er sprach auch das Gelände „An der Birkenkaute“ an, wo ein Wohnmischgebiet geplant ist und in einem früheren Bürogebäude 80 Flüchtlinge untergebracht sind. Zwei Investoren wollen laut Kreß im Grunde „loslegen“, der eine auf der Lidl-Fläche, der andere an der „Birkenkaute“. Momentan seien allerdings die Baukosten zu hoch. Kreß: „Es ist dem Markt geschuldet, dass viele Investoren auf die Bremse treten und darauf warten, dass sich die Baupreise wieder abkühlen.“ Beide Vorhabenträger wollen laut Kreß warten, bis sich die wirtschaftlichen Bedingungen für das Bauen wieder verbessern. Gleichzeitig müsse die Stadt die Quote zur Aufnahme von Flüchtlingen erfüllen. „Wir übererfüllen diese Zahlen momentan“, sagte der Bürgermeister. Das sei aber nur noch eine gewisse Zeit möglich, da der Zuzug immer weiter zunehme. „Wenn die Kommune keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr anbieten kann, muss der Kreis eigene Immobilien belegen. Und das ist der Klassiker - dass Sporthallen schließen müssen.“ Er wolle alles tun, um dies zu verhindern. Wie Kreß betonte, kann er die „zahllosen Appelle der kommunalen Spitzenverbände nur unterstreichen“. Sofern die Bundes- und Europaebene den Zuzug nicht begrenze, „diskutieren wir in ein oder zwei Jahren anders“. Dann sei nicht mehr von „temporär“ zu reden. Nach Ansicht des Bürgermeisters führt die stetige Zahl der Zuweisungen „überall ans Limit“.
Wie Markus Theis (FW) sagte, seien die geflüchteten Menschen in dem Einzelhandelsgebäude besser untergebracht als in einer der Leichtbauhallen, die der Kreis aktuell aufstelle. Der Wunsch nach dem Bauen von Wohnraum besteht laut dem Freien Wähler zwar, aber an den Bau bezahlbaren Wohnraums sei momentan nicht zu denken. Adelheid Treffer (Grüne) sprach von einem enormen Druck auf die handelnden Personen, da wöchentlich ein Bus mit 35 Personen im Wetteraukreis ankomme. Sie appellierte an alle Bürgermeister, Unterbringungsmöglichkeiten zu melden.