Nur wenige Kommunen mit Katzen-Kastrationspflicht

Streunende Katzen sind oft schwer krank und vermehren sich zahlreich. Durch Kastrationspflichten und Hilfsangebote sollte das Problem in Hessen kleiner werden. Gebracht hat es bisher wenig.
Freilaufende Hauskatzen sind laut Tierschützern ein Grund für die weiterhin hohe Zahl von streunenden, herrenlosen Katzen in Hessen. Von unkastrierten Freigängern würden ständig neue Streuner gezeugt, sagte Daniela Müller vom Landestierschutzverband in Altenstadt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zusätzlich pflanzten sich die Streuner untereinander fort. Alle Kastrationsbemühungen der vergangenen Jahre seien „ein Tropfen auf heißem Stein“. Helfen könne nur eine Ausweitung der Kastration in Hessen.
2014 hatte das Land den Kommunen freie Hand gegeben, eine Kastrationspflicht für Katzen einzuführen. Nur wenige haben es gemacht: Laut Tierschutzverband gibt es in 18 von 426 hessischen Städten und Gemeinden eine entsprechende Regelung. Häufig lehnten Politiker die Pflicht ab, weil sie Zweifel an der Umsetzung und Notwendigkeit hätten, erklärt Müller.
Das Elend der Streuner spielt sich im Verborgenen ab: Auf verlassenen Höfen auf dem Land und alten Industriearealen in den Städten leben die Tiere. Oft sind sie schwer krank, haben Parasiten, „Katzenaids“ (Immundefizienzsyndrom) oder chronischen Katzenschnupfen bis hin zur Erblindung. „Die Situation stellt Tierschutzverein personell und finanziell vor Probleme“, sagt Müller. Befeuert werde das Problem durch den Bevölkerungsschwund im ländlichen Raum: „Wir haben Höfe, wo komplette Katzenpopulationen sich selbst überlassen werden“, sagt Müller.
Mit einem Kastramobil, einem umgebauten Transporter, bietet der Landestierschutzverband örtlichen Vereinen Hilfe bei Kastration und tierärztlicher Versorgung der Streuner. Der Preis von 50 Euro pro Einsatz ist symbolisch. Doch gerade einmal zehn Einsätze gab es laut Müller im laufenden Jahr. Dabei wurden insgesamt 100 streunende Tiere kastriert. Die Gesamtzahl der Streuner wird in Hessen auf bis zu 500 000 geschätzt. Für Kastrationsaktionen fehlten oft freiwillige Helfer, um die Lebendfallen aufzustellen.
„Wir werden nicht Herr der Lage“, sagt die Tierschützerin. Recht bekommt sie von der Tierschutzbeauftragten des Landes Hessen: „Ganze Kastrationsaktionen werden immer ins Leere laufen, wenn sie nicht an das Unfruchtbarmachen sämtlicher Freigänger gekoppelt sind“, sagt Madeleine Martin. Katzenhalter ohne Sinn für die Problematik ließen ihre Tiere unkastriert heraus. Diese Katzen zeugten dann neue Streuner.
Ein Abschuss der verwilderten Tiere ist in Hessen unüblich: „Gott sei dank haben wir keine Debatte darüber“, sagt Tierschützerin Müller. Viele Jäger seien sich einig, die Tiere nicht abzuschießen.
Dass Kastrationen Erfolg bringen können, zeigt laut dem Landestierschutzbund Schleswig-Holstein: Dort hätten Tierschützer in Zusammenarbeit mit Land und Kommunen seit 2014 über 10 000 Katzen kastriert. Die Zahl der Streuner seien rückläufig. (dpa)