- 0 Kommentare
- Weitere
Mordfall Walter Lübcke
Lübcke-Prozess: Bundesanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Hauptangeklagten
- vonHanning Voigtsschließen
Die Bundesanwaltschaft sieht die Anklagevorwürfe im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke bestätigt.
- Die Beweisaufnahme im Strafprozess zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist geschlossen.
- Bundesanwaltschaft sieht Anklagevorwürfe im Lübcke-Prozess bestätigt.
- Anklagebehörde will die besondere Schwere der Schuld feststellen lassen.
Update vom Dienstag, 22.12.2020: Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für den Hauptangeklagten Stephan Ernst gefordert. „Die Anklagevorwürfe haben sich bestätigt“, sagte Oberstaatsanwalt Dieter Killmer vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Die Anklagebehörde will zudem die besondere Schwere der Schuld feststellen lassen, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren unwahrscheinlich macht.
Killmer hält es auch für erwiesen, dass Stephan Ernst Ahmed I. niedergestochen hat. Er habe zwei rechtsextreme Anschläge begangen, die in der Tradition rechten Terrors stünden - Killmer nannte explizit das Konzept des „führerlosen Widerstands“.
— Hanning Voigts (@hanvoi) December 22, 2020
Beweisaufnahme im Lübcke-Prozess beendet
Erstmeldung vom 17.12.2020: Im Strafprozess zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist die Beweisaufnahme geschlossen worden. Das teilte der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Frankfurt, Thomas Sagebiel, am Donnerstag mit. Damit können in dem komplexen Verfahren nach mittlerweile 39 Verhandlungstagen die Schlussvorträge beginnen. Am kommenden Dienstag, 22. Dezember, soll zunächst die Bundesanwaltschaft ihr Plädoyer halten. Oberstaatsanwalt Dieter Killmer kündigte an, dass er für seinen Vortrag bis zu sieben Stunden brauchen könnte. Ende Januar sollen dann die Urteile verkündet werden.
Am Nachmittag hatte der Senat nach zweistündiger Beratung noch zwei letzte Beweisanträge der Nebenklage abgelehnt. Holger Matt, der Anwalt der Angehörigen von Walter Lübcke, hatte beantragt, weitere Gartenmöbel der Familie auf Schmauchspuren untersuchen zu lassen, um mehr über die genaue Position des Täters zum Zeitpunkt der Schussabgabe zu erfahren. Walter Lübcke war in der Nacht auf den 2. Juni vergangenen Jahres auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen worden. Die Richterinnen und Richter begründeten ihre Ablehnung der Anträge damit, dass etwaige Schmauchspuren keine klaren Schlüsse zur Position des Schützen ermöglichen würden.
Lübcke-Prozess: Markus H. äußert sich erstmals
Zuvor hatte der in dem Prozess wegen Beihilfe angeklagte Markus H. sich erstmals selbst zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Der 44-Jährige, dem vorgeworfen wird, den Hauptangeklagten Stephan Ernst bei seiner Tat unterstützt zu haben, hatte bisher vor Gericht geschwiegen. Er machte am Donnerstag allerdings keine Angaben zu dem Mord an Walter Lübcke, sondern nur zu einem mutmaßlichen Verstoß gegen das Waffenrecht, den die Bundesanwaltschaft ihm ebenfalls vorwirft.
Bei einer Hausdurchsuchung war bei Markus H. eine Maschinenpistole des Modells „Madsen“ gefunden worden, die als sogenannte Dekorationswaffe umgebaut worden war.
Ein Sachverständiger des Hessischen Landeskriminalamts hatte im Prozess die Einschätzung vertreten, dass die Waffe trotz Verschweißungen am Gehäuse und einer Durchbohrung des Laufs nicht ausreichend unbrauchbar gemacht worden und ihr Besitz somit illegal gewesen sei. Dem Waffenexperten war es sogar gelungen, die Maschinenpistole mit handelsüblichen Werkzeugen wieder zu einer scharfen Waffe umzubauen.
Markus H. gab an, er habe die Waffe zwischen 2011 und 2014 auf der Waffenbörse in Kassel von einem renommierten Händler erworben und darauf vertraut, dass sie ordentlich unschädlich gemacht worden sei. Er sei davon überzeugt gewesen, dass „da auch eine gewisse Rechtssicherheit besteht, dass das so in Ordnung ist“.
Lübcke-Prozess: Stephan Ernst wird wohl nicht wegen des Messerangriffs auf irakischen Flüchtling verurteilt
Die Richterinnen und Richter ließen zudem durchblicken, dass sie Stephan Ernst wohl nicht wegen des Messerangriffs auf den irakischen Flüchtling Ahmed I. verurteilen werden. Der junge Mann war Anfang Januar 2016 in Kassel-Lohfelden niedergestochen worden, die Bundesanwaltschaft hält Ernst für den Angreifer. Sie stützt sich dabei auf schwache DNA-Spuren an einem bei Ernst sichergestellten Klappmesser, die ein Gutachter mit einiger Sicherheit Ahmed I. zuordnet hatte. Die Verteidigung von Ernst hatte allerdings eine Quittung für ein Messer gleichen Typs vorgelegt, das drei Wochen nach der Tat gekauft worden war. Der Senat ist offenbar überzeugt, dass dieses Messer bei Ernst gefunden wurde und daher nicht die Tatwaffe sein kann. (Hanning Voigts)