Wahl in Hessen: Wohlfahrtsverband fordert Fokus auf soziale Probleme
Angesichts von Wohnungsnot, Armut und Fachkräftemangel appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband vor der Landtagswahl an Parteien und Wählende.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen fordert, im Landtagswahlkampf „drängenden Problemen“ wie Armut, hohen Mieten und dem Fachkräftemangel in Kitas und Pflege eine entscheidende Bedeutung zu geben. „Gerechte Teilhabemöglichkeiten, bezahlbares Wohnen und eine stabile soziale Infrastruktur“ seien für alle Hess:innen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt essenziell, betonte der Verband am Freitag.
„Wir appellieren an alle demokratischen Politiker:innen, mit konkreten Lösungsvorschlägen für diese zentralen Themen um Stimmen zu werben“, sagte Kristina Nottbohm, Referentin für Grundsatzfragen, und „keinen Wahlkampf auf Kosten Geflüchteter zu betreiben, Menschen nicht gegeneinander auszuspielen“. Die Wähler:innen sollten die Parteien am 8. Oktober daran messen, inwiefern diese sozial-ökologischen Defiziten entgegenwirken könnten.
Der Verband
Der Paritätische Hessen ist der Dachverband von etwa 800 sozialen Einrichtungen, etwa aus den Bereichen Kinder- und Jugendhilfe, Behinderten- und Altenhilfe, Wohnungslosenhilfe, Flüchtlings- und Migrationsarbeit.
Seine Mitgliedsorganisationen zählen mehr als 80 000 hauptamtliche und 35 000 ehrenamtliche Mitarbeiter:innen. gha
Der Paritätische wende sich gegen Versuche, die Forderung nach mehr Abschiebungen zum Wahlkampfthema zu machen. Dies führe auch in die Irre, da von 6,2 Millionen Einwohner:innen in Hessen nur 18 000 vollziehbar ausreisepflichtig seien, viele davon könnten etwa aufgrund von Erkrankungen nicht abgeschoben werden. Zudem fehlten wegen des demografischen Wandels bis 2028 zirka 135 000 Fachkräfte. „Schon deshalb ist mehr Zuwanderung nötig und die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt muss als ein vorrangiges Ziel für die kommende Legislaturperiode gesetzt werden“, sagte Lea Rosenberg, Referentin für Migration, Flucht und Asyl. Der Wohlfahrtsverband fordert von der hessischen Politik unter anderem, einen „ressortübergreifenden Aktionsplan gegen Armut“ zu entwickeln, Energie- und Stromsperren auszusetzen, die Bezahlung im sozialen und schulischen Bereich zu verbessern und deutlich mehr Sozialwohnungen zu schaffen. Darüber hinaus spricht sich der Paritätische für ein 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV für alle und ein Neun-Euro-Monatsticket für Menschen mit geringem Einkommen aus sowie für ein Landesförderprogramm für Flüchtlings- und Migrationsberatungsstellen. Wichtig sei auch, darauf hinzuwirken, das teilweise geltende Arbeits- und Ausbildungsverbot für Asylsuchende abzuschaffen.
Auch im insgesamt reichen Hessen sind die sozialen Probleme groß. So ist hier zum Beispiel jedes vierte Kind von Armut bedroht. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung waren 2021 261 000 Hess:innen unter 18 Jahren betroffen. Hessen hat mit 24,4 Prozent bundesweit die vierthöchste Quote, nur in Bremen (41,1), Sachsen-Anhalt (25,2) und Nordrhein-Westfalen (24,6) ist sie noch höher.