Gewaltorgie rechter Burschenschaftler: Urteil wird angefochten

Der Prozess gegen die rechten Burschenschafter in Marburg geht weiter. Beide Seiten sind mit dem Urteilsspruch nicht einverstanden.
Marburg – Der Prozess um den brutalen Überfall von rechten Burschenschaftern auf eine liberalere Studentenverbindung in Marburg geht in die nächste Runde. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der einzige Verurteilte hätten Rechtsmittel gegen das in der vergangenen Woche verkündete Urteil eingelegt, teilte das Marburger Amtsgericht auf FR-Anfrage mit.
Im Juni 2020 waren rund zehn maskierte und mit Schlagstöcken bewaffnete Männer in das Haus der Studentenverbindung Frankonia eingedrungen und hatten das Erdgeschoss fast vollständig verwüstet. Sie sollen von der benachbarten Burschenschaft Germania gekommen sein, die zum völkisch-nationalistischen Dachverband Deutsche Burschenschaft gehört und die Frankonia, die mit Rechtsextremismus nichts zu tun haben will, als „links“ verachtet.
Burschenschaftsstreit in Marburg: Bewährungsstrafe für einen Angeklagten
Rund eine Stunde vor dem Überfall waren Mitglieder der Frankonia bei einer zufälligen Begegnung auf der Straße von Germania-Burschenschaftern homophob und antisemitisch beleidigt, geschubst und geschlagen worden.
Doch nur ein damaliges Mitglied der Germania wurde vom Amtsgericht verurteilt, zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Sein Verteidiger möchte nun erreichen, dass sein Mandant genauso freigesprochen wird wie die einzigen beiden anderen Tatverdächtigen, die überhaupt ermittelt wurden.
Gewalt unter Burschenschaftern in Marburg: Staatsanwaltschaft will Urteil kippen
Einen der beiden hatte das Schöffengericht bloß deshalb freigesprochen, weil die Polizei bei der Personalienfeststellung am Tatort geschludert hatte. Den Freispruch dieses Angeklagten will die Staatsanwaltschaft, die eine Geldstrafe von 2400 Euro (160 Tagessätze à 15 Euro) wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung gefordert hatte, in der nächsten Instanz kippen.
Noch nicht konkretisiert haben Verteidigung und Anklagebehörde die Art ihres Rechtsmittels. Bei einer Berufung müsste der Prozess vor dem Marburger Landgericht ganz neu aufgerollt werden. Bei einer Sprungrevision würde das Urteil vom Oberlandesgericht in Frankfurt lediglich auf Rechtsfehler überprüft. (Joachim F. Tornau)