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Terror in Hanau: Vater von Attentäter in Haft

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Von: Gregor Haschnik

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Mit seinem Schäferhund tauchte R. wiederholt vor Serpil Temiz Unvars Haus auf. Monika Müller
Mit seinem Schäferhund tauchte R. wiederholt vor Serpil Temiz Unvars Haus auf. Monika Müller © Monika Müller

Hans-Gerd R. wollte eine Geldstrafe nach sechs Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz nicht zahlen. Deshalb wurde er am Mittwoch festgenommen.

Der Vater des rassistischen Attentäters von Hanau sitzt im Gefängnis. Er sei am Mittwochnachmittag in der Nähe seines Hauses auf der Straße festgenommen worden und befinde sich nun in einer Justizvollzugsanstalt, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag auf Anfrage mit.

Hans-Gerd R. ist in Haft, weil er eine Geldstrafe nicht gezahlt hat. Diese wurde verhängt, nachdem R. allein zwischen dem 3. und dem 11. November des vergangenen Jahres in sechs Fällen gegen das Gewaltschutzgesetz verstieß. Trotz eines Kontakt- und Näherungsverbotes war er wiederholt vor dem Haus von Serpil Temiz Unvar aufgetaucht, der Mutter des am 19. Februar 2020 ermordeten Ferhat Unvar.

Das Amtsgericht erließ Mitte Dezember 2022 einen Strafbefehl, der am Jahresende rechtskräftig wurde. Der 75-Jährige sollte 70 Tagessätze zu je 60 Euro zahlen. Da er dies nicht tat, wurde am vergangenen Mittwoch Vollstreckungshaftbefehl erlassen. R. wird jetzt 70 Tage in der JVA verbringen – es sei denn, er oder ein anderer bezahlt die verbleibende Summe.

Insgesamt leitete die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben in rund 30 Fällen Verfahren wegen Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz ein. Hinzu kamen Strafbefehle wegen falscher Verdächtigung und Hausfriedensbruchs sowie eine Anklage wegen des Verdachts der Beleidigung und Bedrohung, wie die Frankfurter Rundschau kürzlich berichtete. Laut einem Sprecher des Amtsgerichts soll Hans-Gerd R. „zwei Personen auf der Straße verfolgt, beleidigt und bedroht haben“. Der Prozess ist noch nicht terminiert.

Der Anschlag

Am 19. Februar 2020 ermordete ein Rassist in Hanau Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili Viorel Paun, Fatih Saraçoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.

Dann tötete der Täter seine Mutter und sich selbst.

Der Generalbundesanwalt (GBA) stellte Ermittlungen gegen den Vater des Mörders ein, die er nach einer Anzeige von Opferangehörigen geführt hatte. Der Attentäter habe die Morde alleine geplant, vorbereitet und begangen. Der GBA sah keine Anhaltspunkte für eine Beihilfe zum Mord oder eine Nichtanzeige geplanter Straftaten.

Unser Multimedia-Special „Die Wunden von Hanau“ rekonstruiert die Tatnacht, lässt betroffenen zu Wort kommen und erzählt von den Folgen des rassistischen Anschlags.

Im Herbst 2022 verurteilte das Landgericht Hanau R. wegen Beleidigung in zwei Fällen in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 4800 Euro. Er hatte unter anderem Opferangehörige, die an einer Mahnwache in der Nähe seines Hauses teilgenommen hatten, als „wilde Fremde“ bezeichnet. Das SEK, das in der Tatnacht sein Haus stürmte, nannte er Terroreinheit beziehungsweise Terrorkommando. R. muss mindestens 30 Meter Abstand von Unvars Haus halten, weil er es oft aufgesucht und sie geängstigt hatte. Einmal fragte er sie laut Gedächtnisprotokoll, warum und wie sie sich ein solches Haus leisten könne, und kündigte an herauszufinden, wo sie arbeite. Ein anderes Mal baute er sich mit seinem Schäferhund vor ihrem Fenster auf.

Er selbst weist alle Vorwürfe zurück und sieht sich und seinen Sohn als Opfer. Für die Morde sei eine Geheimorganisation verantwortlich. Während der Gerichtsprozesse ließ R. immer wieder durchblicken, dass er den Staat ablehnt und die Gerichtsentscheidungen nicht akzeptiert.

Nach der Verhaftung von R. sagte Serpil Temiz Unvar der FR, sie sei jetzt etwas erleichtert – auch wenn die Haft lediglich vorübergehend sei.

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