Streit über Lehrermangel

Hessens Kultusminister räumt Lehrermangel ein. Die Opposition wirft der Landesregierung Versäumnisse vor.
In Hessen fehlen im nächsten Schuljahr 200 bis 300 Lehrer an Grund- und Förderschulen. Das räumte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch im hessischen Landtag in Wiesbaden ein. Lorz kündigte an, die Unterrichtsversorgung trotz gestiegener Schülerzahlen gewährleisten zu wollen. Neben der geplanten Weiterbeschäftigung von pensionierten Lehrern soll dies auch dadurch möglich werden, dass Hessens Universitäten mit mehr Studienplätzen auf den Lehrermangel reagieren.
Es gebe die grundsätzliche Bereitschaft, die Zahl der Studienplätze in den kommenden Jahren zu erhöhen, sagte Lorz nach einem Gespräch mit Vertretern der Universitäten. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingt, schon zum kommenden Wintersemester 2017/18 eine größere Zahl von Studierenden für Grundschul- und Förderschulpädagogik an hessischen Universitäten zuzulassen.»
«Wir sind grundsätzlich bereit, zur Deckung des langfristigen Bedarfs beizutragen», erklärte der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen und Sprecher der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien (KHU), Joybrato Mukherjee.
Der Lehrermangel wird nach Einschätzung der SPD in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Der Abgeordnete Christoph Degen warf der schwarz-grünen Landesregierung im Landtag vor, nicht schnell genug auf den steigenden Bedarf reagiert zu haben. Nun ziehe die Landesregierung die Flüchtlingskinder als Grund dafür heran, dass Lehrer fehlten, kritisierte Degen.
Kultusminister Lorz erklärte, dass der Bedarf in dieser Größenordnung wegen der unerwarteten Zahl an Flüchtlingskindern nicht absehbar gewesen sei. In den vergangenen 18 Monaten seien etwa 30 000 Kinder nach Hessen gekommen. Dies seien 1500 zusätzliche Klassen. «Das ist mehr als ein halber Jahrgang zusätzlich», sagte Lorz.
Die Linken-Abgeordnete Gabi Faulhaber sprach von einem hausgemachten Problem. Gleichwohl räumte sie ein, dass die Schülerzahlen erstmals seit vielen Jahren wieder gestiegen seien. Für die FDP arbeitet die Landesregierung mit «alternativen Fakten». Der Abgeordnete Wolfgang Greilich warf ihr vor, weder den exakten Bedarf an Lehrern zu kennen, noch zu wissen, wie dieser Bedarf gestillt werden könne.
Landesregierung will Belastung von Lehrern nicht prüfen
Ebenso wie gegen die Kritik wehrt sich die Landesregierung gegen eine Studie, die die Arbeitsbelastung der hessischen Lehrer untersucht. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion wurde am Mittwoch vom Wiesbadener Landtag in den kulturpolitischen Ausschuss verwiesen. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hatte zuvor erklärt, eine solche Studie würde zu einer «Scheinobjektivität» führen.
Der SPD-Abgeordnete Lothar Quanz sagte, es gehe darum, sowohl die Entwicklung der Pflichtstunden für Lehrer als auch die Mehrkosten für Frühpensionierungen aufzuzeigen. Auch Belastungen etwa durch zusätzliche Aufgaben wie Inklusion und Integration könnten erkannt werden. Unterstützung kam von der FDP. «Es geht darum, die Situation an unseren Schulen objektiv darzustellen. Wovor haben Sie in der Koalition solche Angst, dass Sie das ablehnen?», fragte der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich.
Armin Schwarz von der CDU-Fraktion unterstellte der SPD indes, dass es ihr vorrangig darum gehe, die «Stimmung schlecht zu machen». Daniel May von den Grünen sagte: «Wir reagieren auf die Herausforderungen in der Schule. Damit ist den Lehrern mehr gedient als mit einer großen Studie.» (dpa)