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Sehr viele Kisten

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Anne Steinbrenner (links) und die Skulptur ihres Mannes
Anne Steinbrenner (links) und die Skulptur ihres Mannes © FR/Boeckheler

Im Frankfurter Stadtteil Zeilsheim steht nun eine Skulptur von Hans Steinbrenner. Sie ziert den sanierten Detmolder Platz, verstört die Nachbarn und freut die Kinder. Von Brendan Berk

Von Brendan Berk

Es ist, als wäre die schwarze Statue von einem unsichtbaren Kraftfeld umgeben. In den ersten Momenten nach der Enthüllung der Plastik des Bildhauers Hans Steinbrenner in der neu gestalteten Parkanlage am Detmolder Platz in Zeilsheim herrscht ehrfurchtsvolles Schweigen. Niemand traut sich, näher zu treten. Dann fast sich Ortsbeirat Georg Diehl ein Herz, klopft mit einem Fingerknöchel an das Kunstwerk.

Der Ton verrät: Metall. Bei der Plastik mit dem schlichten Titel "Figur" handelt es sich um einen Bronzeabguss. Der vergangenes Jahr verstorbene Hans Steinbrenner schuf das Original 1987 aus Holz. Zum seinem 80. Geburtstag ließ die Stadt den Abguss fertigen, der nun im Zentrum des kleinen Parks steht. Steinbrenner habe sich den Park kurz vor seinem Tod angesehen und den Standort für die Skulptur selbst bestimmt, erläutert Alexandra Prinzessin von Hannover vom städtischen Kultur- und Freizeitausschusses.

Der Park sei nahezu verwildert gewesen, bevor er vom Grünflächenamt saniert wurde, erzählt Ortsvorsteher Manfred Lipp. Jetzt ist das Gras auf der Wiese kurz geschnitten. Rund um das Karree verläuft ein piksauberer Kiesweg mit neuen Parkbänken. Die frischen Beete sind noch leer, überall riecht es nach Rindenmulch.

"Passt besser auf einen Friedhof"

An den Park grenzt die Zeilsheimer "Kolonie", eine frühere Arbeitersiedlung der Farbwerke Hoechst. Einige Bewohner beobachten die Enthüllung der Skulptur aus der Ferne. Sie sind von dem Kunstwerk nicht begeistert. Die knapp drei Meter hohe, aus mehreren Quadern zusammengefügte abstrakte Darstellung eines Menschen ist ihnen zu streng. "Das passt besser auf einen Friedhof - wir hätten uns etwas fröhlicheres gewünscht", sagen sie.

Am Detmolder Platz habe sich bis vor kurzem ein Kriegerdenkmal befunden, erzählt Prinzessin von Hannover. Man habe den Park deshalb als Ort des Innehaltens und Gedenkens gestaltet. Seiner asketischen Formensprache zum Trotz sei das Werk "sehr lebendig", findet Anne Steinbrenner. Ihr Mann habe die Proportionen des menschlichen Körpers mit Augenmaß abgeschätzt und Symmetrien vermieden. Dadurch sei die Skulptur quasi in Bewegung.

Steinbrenner ist überall in der Stadt

Der 1928 geborene und in Praunheim aufgewachsene Steinbrenner gehört zu den bekanntesten Bildhauern des 20. Jahrhundert in Deutschland. Seine künstlerische Ausbildung führte ihn an die heutige HfG Offenbach, an die Frankfurter Städelschule und an die Münchner Kunstakademie.

In Frankfurt sind zahlreiche seiner Werke auf Plätzen, in Museen und Privatinstitutionen ausgestellt. Zu den bekanntesten gehört die "Schrift-Stele" im Grüneburgpark. Im Skulpturengarten des Städels steht eine Steinbrennerplastik aus Muschelkalk. Weitere finden sich in den Sammlungen der Bundesbank, der Europäischen Zentralbank, des Amtes für Wissenschaft und Kultur sowie im Garten des Hessischen Rundfunks und im Römer. 1979 entwarf Steinbrenner den Brunnen aus Edelstahl am Merianplatz.

Moderne Kunst sei immer umstritten, meint Bernd Bauschmann. Der Vorsitzende des Zeilsheimer Vereinsrings geht davon aus, dass sich die Anwohner des Parks schnell an die neue Skulptur "gewöhnen". Die Grundschüler der benachbarten Käthe-Kollwitz-Schule sind jetzt schon begeistert. Ihnen gefällt, dass es dem Bildhauer gelang, " sehr viele Kisten aufeinander zu stapeln".

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