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In 70 Schritten zum besseren Leben

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Ringelnatz würde einen Reim draus machen.
Ringelnatz würde einen Reim draus machen. © Boeckheler/FR

Über den Weg, der Ringelnatzgässchen heißt.

Von MATTHIAS ARNING

Dieser Weg ist eine Verbindung zwischen Welten. Verschiedenen Welten. Dazwischen liegen gerade 70 Meter. Dieser Weg hatte bis vor ein paar Monaten nicht mal einen Namen. Bis dahin wusste man über das vielleicht einen Meter fünfzig breite, asphaltierte Stück nur, dass es im Ortsbezirk 9 liegt, also zum Dornbusch gezählt wird und unter die Postleitzahl 60431 fällt. Im vergangenen März schließlich teilte die Post mit, es gebe in diesem spätestens seit der Jahrhundertwende dicht besiedelten Gebiet Frankfurts eine neue Straße. Besser gesagt: Nicht die Gasse an sich ist neu, wohl aber hat die Unbenannte jetzt einen Namen, so dass man jetzt sagen könnte, man mache sich auf den Weg durch das Ringelnatzgässchen, das sich allerdings noch auf keinem Stadtplan findet.

Ringelnatz mochte Frankfurt

Sowas sagt aber keiner, der von der Fontanestraße in Richtung Eschersheimer Landstraße gelangen will, um dann auf Höhe des Eckhauses mit der Nummer 463 auf die vierspurige Pendlertrasse einzubiegen oder an die U-BahnTrasse zu gelangen. Anwohnern der Fontanestraße, dem ersten Asphaltband im Dichterviertel, hat sich seit Monaten nicht erschlossen, dass das Gässchen jetzt den Namen des 1934 verstorbenen Literaten trägt, der über Frankfurt sagte: "Mir gefällt's."

Joachim Ringelnatz hieß eigentlich Hans Bötticher. Am Ende seines Lebens wünschte er eigentlich nichts mehr, als dass einmal die Nachwelt an einer Straßenecke stehen bleiben würde, um auf dem dazu gehörigen Schild seinen Namen zu lesen. Dass es ein so zentraler Weg sein würde, diese Verbindung zwischen Welten, hätte sich Ringelnatz sicherlich nicht vorstellen wollen: Von der lärmenden Landstraße gelangt man an der Rückseite des 12. Polizeireviers entlang in eine Siedlung mit beschaulichen, von Flachdächern abgeschlossenen Reihenhäusern, die einen Vorgeschmack vom besseren Leben liefern.

In 70 Schritten zum besseren Leben. Wenngleich an dieser Stelle das Quartier noch bescheiden wirkt, erst auf der anderen Seite der Hügelstraße das Dichterviertel seine ganze Pracht entwickelt. Das aber ist doch eine ganz andere Geschichte.

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