Rot-Grün, ein Versuch

Der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit setzt im FR-Gespräch auf eine Minderheitsregierung mit 100-Tage-Programm in Wiesbaden.
Von MATTHIAS ARNING
Da wagt sich einer vor. Schließlich gelte es, Schlimmeres zu verhindern. Eine große Koalition, da lässt Daniel Cohn-Bendit am Dienstag im Gespräch mit der FR keine Zweifel aufkommen, eine große Koalition in Hessen "wäre der Sieg der Feigheit und der Denkfaulheit".
Gefragt seien jetzt viel eher kreative Impulse. Und so dachte sich der Mann, der zu den Gründungsvätern der Grünen gehört: Das Gebot der Stunde muss eine rot-grüne Minderheitsregierung in Wiesbaden sein.
Schließlich könne eine Ampel-Koalition gar nicht zustande kommen, gab Cohn-Bendit zu bedenken, da es "tiefe Gräben zwischen FDP und Rot-Grünen" gebe. In der gegenwärtig durchaus verzwickten Lage unmittelbar nach der Landtagswahl wäre einen Minderheitsregierung sicherlich "das Spannendste".
Ein solche Bündnis sollte dann ein "100-Tage-Programm" auflegen, um mit Gesetzen vier Eckpfeiler zu markieren: Zur künftigen Schulpolitik, zur sozialen Sicherung, zur inneren Sicherheit und zum Klimawandel. In einem Nachtragsetat für 2008 müsse "die sozial-ökologische Wende dokumentiert" werden.
Die Idee einer Minderheitsregierung im Land sei sicherlich ungewöhnlich, räumt der Grüne ein. Doch mit einem solchen Versuch bringe man "die politische Auseinandersetzung wieder dorthin, wo sie hingehört" - ins Parlament. Freidemokraten und Linke könnten Vorschlägen dieser Koalition im Einzelfall folgen, der Tolerierung durch eine dieser beiden Parteien bedürfe es nicht. Scheitern Sozialdemokraten und Grüne, müsse es eben Neuwahlen geben.
Über andere als groß-koalitionäre Bündnismodelle für Wiesbaden denkt man auch in der Frankfurter CDU nach. Deren designierter neuer Vorsitzender Boris Rhein nahm im Gespräch mit der FR konkret Bezug auf die Erfahrungen, die man in Hessens größter Stadt mit dem schwarz-grüner Koalitionsmodell gemacht habe.
Dort habe sich gezeigt, dass man gemeinsam mit den Grünen "eine gute Wirtschafts- und Sicherheitspolitik machen kann". Neuwahlen wolle er in der gegenwärtigen Lage nicht in Betracht ziehen, hob Rhein hervor, darüber dürfe man wohl nur als allerletzte politische Möglichkeit nachdenken.
Schwarze und grüne Koalitionäre machten in der Main-Metropole deutlich, dass sie das Ergebnis der Landtagswahl allein als Resultat einer eben landespolitischen Abstimmung betrachten. Mit der eigenen Politik in der Kommune habe das nichts zu tun. Beide Parteien haben in Frankfurt große Verluste erlitten.
Der Ausgang der Landtagswahl zeigt auch finanzielle Folgen für die Bewerber um Mandate im Wiesbadener Landtag. Nach den Vorgaben der Parteienfinanzierung und der Finanzierung von Wählergruppen erhalten nur solche Parteien und Gruppen staatliches Geld, die mindestens ein Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben.
Bei der Wahl am Sonntag waren das neben den bisherigen Landtagsparteien CDU, SPD, Grüne und FDP auch die neu formierte Linke und die Republikaner: Die rechtsradikale Partei erreichte das geforderte Prozent.
Kein Geld erhalten die mit großen Erwartungen angetretenen Freien Wähler wie auch die rechtsextreme NPD, die mit je 0,9 Prozent der Stimmen unter der Mindestanforderung blieben. Gleiches gilt unter anderem auch für die Tierschutzpartei, die 0,6 Prozent für sich verbuchte, und die Grauen mit 0,2 Prozent.
Allein im Frankfurter Stadtteil Hausen verpassten die Freien Wähler knapp die Fünf-Prozent-Marke. Dort hatte es im vorigen Jahr den heftigen Streit um den Neubau einer Moschee gegeben.