Riesige Kammern für kostbares Lebensmittel
Seltene Einblicke in die Wasserversorgung der Stadt
OBERURSEL - Eine riesige blaue Röhre, dick wie ein alter Baumstamm, kommt aus dem gefliesten Fußboden im Erdgeschoss. Sie ist das erste, was die Schulkinder sehen, die durch die Tür des Hochbehälters Borkenberg hereinkommen. Aus Anlass des Weltwassertages hatten die Stadtwerke Oberursel Drittklässler zur Besichtigung eingeladen. Der Hochbehälter IV in der Altkönigstraße ist der größte der Stadt. Von hier bekommt die Kernstadt ihr Wasser.
Insgesamt gehören sieben Hochbehälter und ein Tiefbehälter zum Versorgungsgebiet. Ihre Funktion: Dort wird sowohl Wasser gesammelt, als auch Druck herausgenommen, erklärt Dr. Elke Liedtke von den Stadtwerken. Denn das Wasser schieße vom Hochbehälter an der Hohemark bergab und müsse zwischendurch sozusagen gebremst werden. „Sonst würden die Rohre platzen.“ Die Wasserkraft wird aber auch zur Stromerzeugung genutzt. Im Untergeschoss des Hochbehälters steht dafür ein Generator.
Insgesamt sieben Brunnen und zwei Quellen habe die Stadt, berichtet Umweltingenieurin Arabi Yohageethan. Für einen achten Brunnen im Bommersheimer Feld laufe derzeit ein Langzeitpumpversuch, ergänzt der für die Wassergewinnung zuständige Leiter Netze Gas und Wasser, Dieter Gredig.
2,36 Millionen Kubikmeter Wasser fließen pro Jahr in die Hochbehälter der Stadtwerke, erklärt Yohageethan. Der durchschnittliche Tagesverbrauch pro Einwohner liege bei 119 Liter. Die Kinder dürfen nun eine kleine Treppe nach oben gehen. Dort kann man durch Fensterscheiben in die beiden riesigen Wasserkammern blicken. 600 Kubikmeter passen in die vordere und 800 Kubikmeter in die hintere Kammer. Stattliche 5,80 Meter tief sind sie und sehen fast aus wie Schwimmbecken.
80 Meter tiefe Brunnen
Vor einem Modell erklärt Liedtke, wie das kühle Nass aus dem Stollen an der Applauskurve (an der Straße Richtung Feldberg) in einem Rohr zum Hochbehälter Hohemark fließt. Das Rohwasser werde dort in der Ultrafiltrationsanlage gefiltert und insgesamt dreimal gereinigt. Zuerst mit Hilfe von Kies-Granulat und schließlich mit UV-Licht, so dass am Ende keine Keime, Viren oder Bakterien mehr übrig sind. Erst dann ist es Trinkwasser.
Wie man sich den Stollen an der Applauskurve vorstellen muss? „Das ist ein 130 Meter langer Gang, durch den man nur gebückt laufen kann. An seinem Ende gibt es eine Granitwand, aus der Wasser fließt“, berichtet Liedtke. Und Gredig ergänzt: „Im Hochtaunus gibt es unterirdische Klüfte, in denen sich Wasser sammelt.“ Die dort gebohrten Brunnen seien bis zu 80 Meter tief. Und das Wasser sei zwischen 16 und 100 Jahre alt. So gesehen lebten wir auch von älteren Wasservorräten, und diese Ressource sei nicht unbegrenzt verfügbar. „Grundwasserbildung findet nur im Winter statt, wenn es kaum Verdunstung und keine Vegetationsphase gibt“, sagt Gredig. 2022 sei ein extremes Dürrejahr gewesen. „Die Trockenheit im Boden reichte damals bis in eine Tiefe von 50 Zentimetern.“ Der vergangene Winter sei zwar relativ feucht gewesen, aber um auf einen Wasserstand wie Anfang des Jahres 2018 zu kommen, seien noch drei bis vier feuchte Winter nötig.
Ob im Sommer wieder ein Wassernotstand drohe? „Das hängt davon ab, wie viel die Kunden entnehmen“, so Gredig. Liedtke fügt hinzu: „Ein Drittel des täglichen Wasserverbrauchs wird für Körperpflege verwendet.“ Ein großer Wasserfresser sei auch die Dauerberegnung von Rasenflächen. Und bei privaten Pools gebe es erhebliche Verdunstung. Sie betont: „Wasser ist ein wertvolles Lebensmittel.“