Rhein-Main: 25 Jahre und kein bisschen leise

Bündnis der Bürgerinitiativen demonstriert zum Jahrestag gegen Kurzstreckenflüge am Flughafen Frankfurt. Vor allem Lufthansa für viele kurze Strecken verantwortlich.
Der Standort für die Demonstration war gut gewählt. Direkt unter einem Werbebanner der Fraport mit dem Aufruf „more, more, more“ und direkt gegenüber der großen Anzeigetafel in Abflughalle 1B. Dort sind an diesem Samstagnachmittag zahlreiche Flugverbindungen vermerkt, gegen die das Bündnis der Bürgerinitiativen protestiert: Flüge mit einer Entfernung von unter 500 Kilometern. Flüge nach Dresden, Düsseldorf oder Leipzig. Um 17.20 Uhr an diesem Samstag gibt es zeitgleich drei solcher Verbindungen, die dem BBI ein Dorn im Auge sind: nach Nürnberg, Bremen und Stuttgart. Alle durchgeführt von der Lufthansa.
Flug statt einer Stunde Zug
BBI-Sprecher Wolfgang Heubner wertet die Luftbewegungen und Fluggastzahlen am Frankfurter Flughafen seit zehn Jahren akribisch aus. „Die Lufthansa ist für über 70 Prozent der Kurzstreckenflüge in Frankfurt verantwortlich.“ Im Juni 2022 sei Deutschlands größte Fluggesellschaft 180-mal die Strecke Frankfurt–Stuttgart geflogen. Eine Distanz, die ein ICE in gut einer Stunde zurücklegt von Stadtzentrum zu Stadtzentrum. Heubner will die Zahlen zu Kurzstreckenflügen noch genauer auswerten und der Lufthansa dann einen Brief schreiben.
Auch der Tag für die Demonstration war gut gewählt. Es ist der 25. Jahrestag der BBI-Gründung. Ein Bündnis, in dem sich mehr als 80 Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet zusammengeschlossen haben. Wenn es ein Protestbündnis seit 25 Jahren gibt, dann kann das aber keine reine Erfolgsgeschichte sein, das weiß auch Heubner. „Wir haben es aber geschafft, ein bedingtes Nachtflugverbot durchzusetzen“, so Heubner. Auch seien Fraport und die Luftfahrtindustrie „vorsichtiger geworden“, was die Veröffentlichung von Jubelzahlen angeht, will Heubner ausgemacht haben.
An die vielen Dinge, die nicht geklappt haben, auch schon vor der Gründung des BBI, erinnert als einer von zahlreichen Podiumsgästen Landrat Thomas Will (SPD) aus Groß-Gerau: „Wir haben damals draußen im Wald geglaubt, die Startbahn 18 West verhindern zu können; das haben wir nicht geschafft“, erinnert sich der SPD-Politiker und konstatiert: „Die Politik in Deutschland und Europa hat in den vergangenen 40 Jahren versagt.“
Womit Will auch klarmacht, dass Proteste gegen Fluglärm und Schadstoffe keine reine Domäne des Rhein-Main-Gebiets sind. Und so kommen am Samstag unter dem „more, more, more“-Banner auch Gäste aus Paris, London und Lüttich zu Wort. Leo Tubbax weist darauf hin, dass vom Flughafen Lüttich auch Flugverbindungen von 35 Minuten angeboten werden. Noch internationaler als das BBI ist das Netzwerk „stay grounded“. Zwar erst 2016 gegründet, aber dafür auf allen Kontinenten aktiv. Europa-Koordinatorin Anne Kretzschmar erinnert daran, dass Fliegen auch eine Form von „Klima-Ungerechtigkeit“ sei. Die reiche Bevölkerung fliege ständig, während manche noch nie geflogen sind. Im Hinblick auf das BBI-Protestthema Kurzstreckenflüge kritisierte Kretzschmar die fehlende Besteuerung der Flugindustrie. Es dürfe einfach nicht sein, dass manche Kurzstreckenflüge günstiger seien als eine Bahnfahrt.