Protest von Lkw-Fahrern: Erste Konsequenzen - Behörde prüft Spedition
Der Streik der Lkw-Fahrer und die Verhandlungen auf der A5-Raststätte Gräfenhausen-West gehen weiter. Derweil meldet sich die polnische Kontrollbehörde zu Wort.
Weiterstadt – Die Verhandlungen zwischen den auf der Raststätte Gräfenhausen-West (Kreis Darmstadt-Dieburg) streikenden Lkw-Fahrern und ihrem polnischen Arbeitgeber sind am Montag (17. April) fortgesetzt worden, ebenso wie der Arbeitskampf. Laut Anna Weirich vom DGB-Projekt Faire Mobilität hat sich seit dem Wochenende nicht viel an der Situation geändert. Firmenchef Lukasz Mazur habe einigen, aber bei weitem nicht allen der aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrern Geld überwiesen, zum Teil jedoch nicht die geforderten Summen. Wie viele Beschäftigte in welchem Umfang bezahlt wurden, sei noch unklar. „Die Fahrer sind sich einig: Der Streik geht so lange weiter, bis alle ihren Lohn haben.“ Viele Betroffene kommunizierten im Laufe des Tages mit der Spedition, oft per Videokonferenz, und schauten, ob etwas auf ihren Online-Konten einging.
Weirich unterstrich, es brauche nachhaltige Lösungen gegen Ausbeutung bei Arbeitsmigration, etwa wirksamere Kontrollen. Zudem nahm sie die Auftraggeber in die Pflicht. Diese sollten Verantwortung übernehmen – auch wenn Zahlungen durch beauftragte Firmen ausbleiben. Als Reaktion auf eine Petition der Fahrer an die Kund:innen hätten einige davon die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen für beendet erklärt, teils vorübergehend. Das seien erste Konsequenzen, die den Betroffenen aber kein Geld brächten.

Protest von Lkw-Fahrern in Gräfenhausen: EU-Abgeordnete besuchen Streikende
Am Montag besuchten drei EU-Abgeordnete die Streikenden, darunter Gabriele Bischoff (SPD), die im Ausschuss für Arbeit und Soziales sitzt, und erklärten sich solidarisch. Bischoff schloss sich den Forderungen nach Gesetzen ohne Schlupflöcher, intensiveren Kontrollen und fairen Löhnen im grenzüberschreitenden Güterverkehr an. Am Dienstag sollte das EU-Parlament über den Streik und die Ursachen debattieren.
Unterdessen nimmt die oberste polnische Kontrollbehörde für den Straßentransport die Firmengruppe offenbar in den Fokus, wie die Nachrichtenagentur PAP (Polska Agencja Prasowa) berichtete. Der zuständige Inspektor Alvin Gajadhur habe weitere Kontrollen angekündigt, sowohl auf der Straße als auch in den Geschäftsstellen. Nach Informationen der Agentur seien bereits bei früheren Prüfungen Verstöße, etwa gegen Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten, festgestellt und mit Geldstrafen geahndet worden.
Protest von Lkw-Fahrern in Gräfenhausen: Seit Monaten kein Gehalt erhalten
Die rund 60 Lkw-Fahrer streiken seit etwa vier Wochen in Weiterstadt-Gräfenhausen, weil sie nach eigenen Angaben teils seit Monaten kein Gehalt erhalten hätten. Auch seien sie scheinselbstständig beschäftigt, trügen einen großen Teil des unternehmerischen Risikos und bekämen für 13 bis 15 Stunden Arbeit nur einen Tagessatz von circa 80 Euro.
Mazur weist alle Vorwürfe zurück, sieht sich als Opfer, auch weil ihm durch nicht getätigte Lieferungen hohe Vertragsstrafen drohten, und hat Anzeige erstattet. Er habe stets korrekt und gesetzestreu gehandelt. Die Bedingungen seien in Ordnung; die Fahrer würden nicht ausgebeutet. Sie erhielten ihre Gehälter später, das hänge aber mit der Zahlungsabwicklung zwischen der Spedition und ihren Kunden zusammen.
Mit dieser Behauptung habe der Firmenchef zum wiederholten Male seine Aussagen geändert, sagte Stefan Körzell aus dem geschäftsführenden Bundesvorstand des DGB der FR. Das zeige die Unglaubwürdigkeit. Zudem habe er keine transparenten Abrechnungen vorgelegt. Die Streikenden hingegen könnten ihre Forderungen präzise darlegen. Auftraggeber, so Körzell, sollten aus moralischen Gründen, aber auch aufgrund der Lieferkettensorgfaltspflicht und des Mindestlohngesetzes nicht mit solchen Firmen zusammenarbeiten. (Gregor Haschnik)