Tanzen in Offenbach: Den öffentlichen Raum zurückerobern

Das inklusive Tanzprojekt „Reclaiming Dance“ tritt dieses Wochenende zwei Mal in der Offenbacher Innenstadt auf.
Anna Maria Bolender findet den Hugenottenplatz in Offenbach leblos. „Wir wollen etwas entstehen lassen zwischen dem ganzen Grau“, sagt die 23-Jährige voller Vorfreude auf dieses Wochenende. Dann wird es einen 50-minütigen Tanz geben. Am Samstag um 18 Uhr im Innenhof des Büsingpalais und am Sonntag um 15 Uhr am Hugenottenplatz.
Zusammen mit Keiko Agnes Schmitt hat Bolender in den vergangenen Wochen das inklusive Tanzprojekt „Reclaiming Dance“ auf diese Performance im öffentlichen Raum vorbereitet. „Wir sind selbst sehr gespannt, wie es angenommen wird“, sagt Bolender, die im Master performative Künste in sozialen Feldern an der FH in Frankfurt studiert. Durch verschiedene Recherchen zum Thema inklusiver Tanz habe sie „Reclaiming Dance“ entwickelt, was so viel heißt wie den Tanz zurückerobern. „Ein ganzheitlicher Inklusionsbegriff fehlt in den meisten Bereichen der Gesellschaft“, meint die Studentin, die selbst seit ihrer Kindheit tanzt. Die Teilhabe aller an Kultur sei ihr wahnsinnig wichtig. Im vergangenen Jahr hat sie ein Fundraising gestartet und auch eine Partnerin für ihr Projekt gesucht.
„Ich habe Anna geholfen, das Projekt weiterzuentwickeln“, berichtet Schmitt. Die 44-Jährige arbeitet freiberuflich als Artistin, Tänzerin und Pädagogin. Gemeinsam haben sie Workshops und Tanzkurs konzipiert, ein Design entwickelt und sind auf die Suche nach Teilnehmenden gegangen. „Wir haben unter anderem die Behindertenhilfe und Seniorenhilfe in Offenbach angesprochen“, erzählt Bolender. Außerdem wurde in den sozialen Netzwerken dafür geworben. Ursprünglich sollte das Projekt im März starten, wurde wegen der Coronavirus-Pandemie aber auf Juni verlegt und von vier auf drei Monate gekürzt. Bei den drei Workshops gab es zwischen zehn und 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Das Tanzprojekt
Die Performance vom inklusiven Tanzprojekt „Reclaiming Dance“ ist an diesem Wochenende an zwei Standorten in Offenbach. Am Samstag, 18. September um 18 Uhr im Innenhof des Büsingpalais in der Herrnstraße 82. Und am Sonntag,, um 15 Uhr auf dem Hugenottenplatz, Ecke Herrnstraße.
Eine Anmeldung für die Kontaktnachverfolgung per E-Mail ist erwünscht, aber kein Muss. Die Adresse lautet: reclaiming-dance@posteo.de.
Der Eintritt ist kostenlos, es gibt aber eine Spendenbox Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf der Webseite unter: www.reclaiming-dance.de oder auf Facebook und Instagram. tim
Der erste Workshop fand online, der zweite hybrid, der dritte in Präsenz statt. „Beim zweiten Workshop hatte sich eine Person mit geistiger und körperlicher Behinderung angemeldet, wo wir ein Setting gestalten konnten, wo die Person und ihre Betreuungsperson in einem Raum sein konnten“, berichtet Bolender.
In den Workshops ging es darum, Improvisationstechniken zu lernen. „Für den Tanzkurs haben wir aus verschiedenen zeitgenössischen Tanztechniken und Methoden nur solche ausgewählt, die jeder Teilnehmende ausführen konnte“, berichtet Schmitt. Ein Mann ist dabei und neun Frauen. Davon ist eine im Rentenalter, eine Frau hat Multiple Sklerose, andere haben nicht sichtbare Behinderungen.
Für die Workshops konnten alle Anmeldungen angenommen werden, „für den Tanzkurs mussten wir auswählen, weil wir deutlich mehr Interessierte als Plätze hatten“, informiert Schmitt. Geübt wurde auf der Wiese der evangelischen Kirche in der Kirchgasse oder in den Gemeinderäumen in der Ludwigstraße. Jeder und jede konnte aus den Methodenblöcken wählen oder ihr eigenes Bewegungsrepertoire entwickeln. Es war kein Frontalunterricht, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Daraus wurde dann letztlich die 50-minütige Performance zusammengesetzt.
Dazu hat ein Künstler passende Musik mit der Zither sowie elektronische Musik produziert. „Wir sind gespannt, wie es angenommen wird“, sagt Bolender, die sich die Orte für die Performance ausgesucht hat. Der Innenhof im Büsingpalais ist offen zur Stadt, aber auch halb abgeschirmt. Bei der Idee, den Hugenottenplatz zu bespielen, geht es darum, den Stadtraum für sich einzunehmen. Bolender: „Wenn man in der Stadt was bewirken will, dann muss es zentral sein.“