Offenbach: Grüne wollen Wohnungssicherungsstelle

Die Offenbacher Grünen wollen den vielen Zwangsräumungen und der Wohnungslosigkeit präventiv entgegenwirken und auf die Bedürfnisse in der Stadt zuschneiden.
Thomas Quiring weiß es aus jahrelanger Erfahrung: Der Verlust der eigenen Wohnung „kann jedem passieren“, sagt der Leiter des Sozialdienstes Offenbach Wohnungsnotfallhilfe der Diakonie. Gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie gehe das ruckzuck. Erst ist der Job weg, dann die Wohnung. Über 200 Zwangsräumungen hat es in diesem Jahr bereits in Offenbach aus den unterschiedlichsten Gründen gegeben. Zudem leben rund 500 Menschen in Notunterkünften. Die Mainarbeit, das Jobcenter, zahlte im Jahr 2020 über 3,3 Millionen Euro für Notunterkünfte und Übernachtungen. 2012 waren es 1,4 Millionen.
„Es ist richtig das zu tun, aber es ist nicht befriedigend“, sagt Tobias Dondelinger, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen. Deshalb beschäftigt sich die Partei schon länger damit, eine Wohnungssicherungsstelle in der Stadt einzurichten. „Es soll ein Angebot sowohl für Betroffene als auch für Vermieter sein, wo sie unbürokratische und niedrigschwellige Beratung und Hilfe bekommen. Es wäre die beste und die billigste Lösung für alle“, betont Dondelinger.
Briefkasten für 200 Leute
Ähnliche Einrichtungen gibt es bereits in Frankfurt, Kassel, im Landkreis Darmstadt-Dieburg, Langen und Rödermark. „Es ist eigentlich verwunderlich, dass es so etwas in Offenbach mit seiner schwierigen Sozialstruktur noch nicht gibt“, sagt Basak Taylan-Kiran, die für die Grünen im Sozialausschuss sitzt. Allerdings werde man jetzt nicht vorpreschen und sofort einen Antrag stellen, sondern sich mit allen Beteiligten die Offenbacher Umstände genau anschauen. Einige der vorhandenen Stellen hätten eine Schuldnerberatung oder psychosoziale Beratung mit integriert. „Wir müssen noch schauen, was zu Offenbach genau passt, und was nötig ist“, sagt Taylan-Kiran.
Der Sozialdienst der Diakonie Offenbach ist derzeit ein Briefkasten für über 200 Leute. Diese Menschen haben aus unterschiedlichen Gründen keinen festen Wohnsitz, berichtet Quiring. Sie wohnten bei Freunden, Familienangehörigen oder dürfen sich wegen ihres Vermieters nicht melden. Oft sind es osteuropäische Arbeiter, die sich mit mehreren Personen winzige Wohnungen teilen. „Andere übernachten im Wald, im Zelt am Main, in leerstehenden Häusern und wollen nicht gefunden werden“, berichtet Quiring. Man sehe vielen Leuten gar nicht an, dass sie keine Wohnung hätten.
In der Unterkunft in der Gerberstraße wohnen derzeit 17 Leute. 30 bis 50 Menschen holen sich das tägliche Brot ab, und etliche Menschen kommen zur Beratung. Eine Wohnungssicherungsstelle muss aus Quirings Sicht niedrigschwellig und für alle offen sein. „Was ist mit der Oma, die sich mit dem Eintritt in die Rente ihre Wohnung nicht mehr leisten kann?“, fragt er sich. Auch für die brauche es ein Angebot. Man müsse nicht alles neu erfinden, sondern sich vor allem gut vernetzen und frühzeitig ansetzen. „Nicht einen Monat vor der Zwangsräumung, sondern früher“, betont Quiring. Ein Problem sei, dass einige Menschen einfach ihre Post nicht öffnen und ihre Probleme verdrängen würden. Diese zu erreichen, werde schwierig bleiben.
„Mit einer Wohnungssicherungsstelle wird es auch weiter Wohnungslosigkeit geben“, sagt Dondelinger. „Aber wir werden das Problem besser adressieren können und einzelnen Menschen die Möglichkeit bieten, ihre Situation selbst zu lösen.“