Hoffen auf das kleinere Übel
Die Dietzenbacher haben offenbar gute Chancen, um eine Straßenbeitragssatzung herumzukommen. So deutet Bürgermeister Rogg jedenfalls Signale aus Wiesbaden.
„Die Kommunalaufsicht wird uns aller Voraussicht nach nicht zwingen, eine Satzung nach altem Muster zu erlassen“, sagte Bürgermeister Jürgen Rogg (parteilos) am Dienstagabend bei einer Bürgerversammlung vor rund 80 Zuhörern im Bürgerhaus.
Die Stadtverordneten können also warten, bis der Gesetzgeber die Einführung flächendeckender jährlicher Beiträge für die Erneuerung von Straßen auch in Hessen erlaubt. Der geschäftsführende Direktor des Hessischen Städtetages, Jürgen Dieter, sagte, das werde wohl 2011 geschehen. „Wir erwarten, dass es rasch durchgezogen wird.“ Es gebe von Ministeriumsseite auch die grundsätzliche Zusage, dass diese Alternative zur Straßenbeitragssatzung erlaubt wird. Nur Details seien noch zu klären, sagte Dieter.
Die Kommunalaufsichten verlangen inzwischen von den meisten Kommunen, dass sie ihre Bürger an der grundhaften Erneuerung von Straßen beteiligen. Nur eine Sanierung, bei der nicht nur die Deckschicht ersetzt, sondern Trag- und Nutzschichten erneuert werden müssen, kann auf die Anlieger umgelegt werden.
In Dietzenbach sind, wie die Fachbereichsleiterin für Stadtplanung und Bauen, Gudrun Pache, sagte, zehn Prozent des 100 Kilometer langen Straßennetzes in einem derart schlechten Zustand.
Doch viele Städte drücken sich davor, eine Straßenbeitragssatzung zu erlassen, nach der Grundstückseigentümer zwischen 25 und 75 Prozent der Kosten übernehmen müssten. Das gilt als ungerecht, weil die Eigentümer bisher nicht zahlen mussten. Zudem kämen auf die Anlieger, wenn ihre Straße saniert werden muss, auf einen Schlag immense Kosten, meist im fünfstelligen Bereich, zu. Aus diesen Gründen wehrt sich die Dietzenbacher Lokalpolitik auch bereits seit Jahren, die 1979 beschlossene Satzung, die, weil rechtswidrig, nicht mehr angewandt wird, durch eine aktuelle Satzung zu ersetzen. 2008 lehnte das Stadtparlament den Entwurf einer Satzung ab, wogegen der damalige Bürgermeister Stephan Gieseler (CDU) allerdings klagte und in diesem Jahr vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt Recht bekam. Die Stadt müsse die Satzung erlassen, beschied es.
Die Alternative, auf die die Dietzenbacher, aber auch Rodgauer hoffen, besteht in einem jährlichen flächendeckenden Beitrag, den alle Grundstückseigentümer in der Stadt entsprechend der Grundstücksfläche zu zahlen hätten. So handhaben das bereits einige Kommunen in Rheinland-Pfalz und Thüringen. Rechtlich unklar ist offenbar noch, ob die Eigentümer die Kosten auf die Mieter umlegen dürfen.
„Ich halte die wiederkehrenden Beiträge für gerechter“, sagte Rogg. Auch Dieter sprach von einem guten und richtigen Weg. Auch diese Alternative habe aber Nachteile, etwa einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Der Städtetag setze sich dafür ein, dass die Standards für den Straßenausbau sinken. Die Normen seien zu hoch. Einen großen Spielraum gebe es dabei allerdings nicht, räumte er ein. „Die Qualität darf nicht so schlecht sein, dass die Straße in zehn oder 20 Jahren wieder gemacht werden muss.“